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Die Begegnung von Maria und Elisabeth prägen die Seelsorge der Nähe

Schon erstaunlich wach schlendert Michele durch den schwach beleuchteten Gang zum Morgengebet. «Buongiorno, uomo di Dio», flüstert er mir, dem Siebenschläfer, sanft ins Ohr. Jeden Morgen, da ich es auch tatsächlich schaffe aufzustehen, empfängt mich der Zuspruch «Guten Morgen, Mann Gottes » des italienischen Mitbruders.

Und diese Offenbarung tut gut. Sie sagt aus, was ich bin und was ich mir sehnlichst wünsche zu sein. Wenn ich heute – wieder in der Schweiz zu Hause – schlaftrunken zum Morgenlob schreite, dann begleitet mich ganz natürlich der Gruss «Buongiorno, uomo di Dio» und meint mehr, als die Worte aussagen.

Gesegnet bist du

Viele Pfarreien und Kirchgemeinden werden heute in Nordeuropa zusammengelegt. Nicht nur, aber auch, der Priestermangel ist ein Grund dazu. In Verlautbarungen hört man, was Laien alles nicht dürfen und was den Priestern oder zumindest Theologen vorbehalten ist. Wie erfrischend ist hier der Gegensatz, den Lukas in seinem Evangelium erzählt (vgl. den Kasten mit Lk 1,39–56: Die Begegnung von Maria und Elisabeth). «Gesegnet bist du» … «Meine Seele erhebt den Herrn, und mein Geist jubelt über Gott, meinem Retter». Es ist die Begegnung zweier Laiinnen, die vom heiligen Geist erfüllt Nähe erleben und sich von Gott berührt gegenseitig Verheissung zusagen und so auch selber erkennen.

«Die gegenseitige Anerkennung der Schwangerschaft verleiht den Frauen doppelte Würde. Indem Maria Elisabeth aufsucht, ist die Aufmerksamkeit zunächst auf das Geschehen an Johannes’ Mutter gerichtet. Aber mit der Bewegung des Johannes im Mutterleib geht die Bewegung zu Maria hin», beschreibt der Theologe François Bovon die Erzählung des Lukasevangeliums. Später präzisiert er das Geschehen: «Der aktiv eingreifende Gott bringt Menschen zusammen: Das Heil entfaltet sich in menschlichen Beziehungen.»

Andere offenbaren die Berufung

In der Begegnung mit Maria wird sich Elisabeth beim Gruss Marias bewusst, welche Verheissung in ihr, der alten unfruchtbaren Frau liegt. Elisabeth sagt Maria, wer sie ist, dass sie eine von Gott begnadete Frau ist. Die Begegnung von Maria und Elisabeth lässt die beiden Frauen ihre eigene Bestimmung, ihre Berufung erkennen. Leben im Glauben bedeutet hier, in der Begegnung mit dem anderen offen zu werden und so Gottes Ruf empfangen zu können.

Der Westschweizer Kapuziner Marcel Durrer sieht in der Folge des Zweiten Vatikanischen Konzils einen Paradigmenwechsel in der Seelsorge: man muss heute die Pastoral als Geburtshilfe betreiben (mettre en oeuvre une pastorale d’engendrement). Es geht nicht mehr darum, dass Priester, Theologinnen, Katecheten und Seelsorgerinnen von oben herab Wissen sowie Glauben vermitteln und weitergeben, sondern darum, dass Menschen in der Begegnung mit berufenen Menschen selber gerufen werden und ihren eigenen Auftrag fürs Reich Gottes entdecken und umsetzen.

Adrian Müller

http://www.adrianm.ch


Maria aber machte sich auf in diesen Tagen und ging eilends ins Bergland in eine Stadt in Juda; und sie trat in das Haus des Zacharias ein und grüsste Elisabeth. Und es geschah, als Elisabeth den Gruss Marias vernahm, da hüpfte das Kind in ihrem Leib; und Elisabeth wurde mit heiligem Geist erfüllt und rief mit lauter Stimme: Gesegnet bist du unter den Frauen, und gesegnet ist die Frucht deines Leibes! Wie geschieht mir, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? Denn siehe, als der Klang deines Grusses an mein Ohr drang, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib. Und selig, die geglaubt hat, dass in Erfüllung geht, was ihr vom Herrn gesagt ist. Und Maria sprach: Meine Seele erhebt den Herrn, und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter: Er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen. Denn siehe, von nun an werden mich selig preisen alle Geschlechter, denn Grosses hat der Mächtige an mir getan. Und heilig ist sein Name, und von Geschlecht zu Geschlecht wird sein Erbarmen denen zuteil, die ihn fürchten. Er hat Gewaltiges vollbracht mit seinem Arm, zerstreut hat er, die hochmütig gesinnt sind im Herzen, Mächtige hat er vom Thron gestürzt und Niedrige erhöht, Hungrige hat er gesättigt mit Gutem und Reiche hat er leer ausgehen lassen. Er hat sich Israels, seines Knechtes, angenommen und seines Erbarmens gedacht, wie er geredet hat zu unseren Vätern, zu Abraham und seinen Nachkommen in Ewigkeit. Maria aber blieb etwa drei Monate bei ihr und kehrte dann nach Hause zurück.

Lk 1,39–56 nach der neuen Zürcher Bibel