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Operation im St. Francis Hospital von Ifakara im 1964: (v.l.n.r.): Dr. Karl Schöpf, Dr. Edgar Widmer, Sr. Judith,  Dr. Marcel Lauber sowie Sr. Columba. © zVg Edgar Widmer
Operation im St. Francis Hospital von Ifakara im 1964: (v.l.n.r.): Dr. Karl Schöpf, Dr. Edgar Widmer, Sr. Judith, Dr. Marcel Lauber sowie Sr. Columba. © zVg Edgar Widmer

Schweizer Ärzte waren über Jahrzehnte in Tansania und anderen Ländern Afrikas engagiert beim Aufbau der Gesundheitssysteme dieser Länder.

Das berichtet Edgar Widmer, der anfangs der 60er-Jahre als Arzt in Ifakara, wirkte und sich später jahrzehntelang beim Schweizer Zweig von «medicus mundi» engagierte.

Die Missionsenzyklika «Maximum illud» von Papst Benedikt XV vom Jahr 1921 gab den Anstoss für die katholische ärztliche Mission. Anfänglich glaubte man diese Arbeit in geweihte Hände geben zu müssen. Darum wurden Priesterärzte und Ärztinnen als Nonnen in die Mission geschickt. (z.B. medical mission sisters). Doch mit dem Einsatz von ungeweihten Ärzten in Missionsspitälern von Tansania begann die Rolle der Laien. Sie entwickelten und erweiterten in ihrer Arbeit über die Schulmedizin hinaus den «holistischen Ansatz» für Körper und Seele, so wie ihn die kirchliche Tradition schon immer gelehrt hatte. Auf katholischer Seite hielten die Missionsärzte allerdings nicht, wie viele protestantische Missionsärzte, am Sonntag auch noch eine Predigt. Ihr Beitrag zur Missionierung lag vielmehr darin, dass sie Zeugnis ablegten für den tiefen Sinn des Dienens am Kranken, für eine Hingabe und Solidarität über jede rassische oder religiöse Grenze hinaus.

In Ifakara drei Jahre
Mein Einsatz am St. Franzis Hospital von Ifakara dauerte nicht ganze drei Jahre (1963-65, siehe Kasten). Nach Rückkehr in die Schweiz blieb ich aber nebst meiner Haupttätigkeit als Chirurg in mannigfacher Weise in der Entwicklungsarbeit tätig; ein Engagement, das mich als Mitglied in den Vorständen von Medicus Mundi während meinen restlichen 40 aktiven Lebensjahren herausfordern sollte.

Interessant ist, wie es dabei zu einem intensiven Dialog mit dem Vatikan und mit den Bischofskonferenzen Afrikas gekommen ist. Es ging um Strategien mit denen das Potential kirchlicher Gesundheitsdienste gezielter, effizienter und kompetenter eingesetzt werden kann. Wie in den meisten Ländern Afrikas profitiert das Gesundheitssystem Tanzanias noch heute davon. Es gibt heute nationale Koordinationsbüreaus für kirchliche Gesundheitsdienste. MMI half bei ihrem Aufbau und sponserte vielen ihrer Mitarbeiter eine Ausbildung in Public Health. Mit einer Stimme vertreten sie im Dialog mit Regierungsstellen die Vielfalt kirchlicher Gesundheitseinrichtungen und Ausbildungsstätten, sie helfen bei Datenerhebungen mit, sie sind Teil öffentlich-privater Partnerschaft.

Viele Bischöfe Tansanias sind bis heute Eigner von Spitälern. Dort, wo sie sich von Entwicklungsexperten und Wissenschaftern beraten lassen, ist die Kirche in der Lage, als wertvoller Partner in der Gesundheitspolitik mitzuwirken und die Interessen der Armen und Benachteiligten als Fürsprecher der Zivilgesellschaft zu vertreten und auf Grund der christlichen Soziallehre und der Menschenrechtskonvention (1948) «Gesundheit für Alle» zu fordern. Denn in den Augen der Kirche ist Gesundheit nicht eine Ware sondern ein öffentliches Gut.

Missionsärzte füllten die Lücken nach der Unabhängigkeit
Mit der Unabhängigkeit gingen Afrika die meisten Kolonialärzte verloren. Missionsärzte füllten damals viele Lücken auf. Tanzanias erster Präsident Julius Nyerere warb mit einem dringenden Appell um Ärzte. Der Historiker Marcel Dreier beschrieb, wie sich der «Schweizer Dienst für technische Zusammenarbeit» anerbot, solche Ärzte zu vermitteln, dabei aber erfolglos blieb. 1965, nach meiner Rückkehr in die Schweiz, wurde für mich die Rekrutierung von Missionsärzten eine Hauptaufgabe. Als Vorstandsmitglied des Schweizerischen Katholischen Missionsärztlichen Vereins (SKMV) lag es mir am Herzen, geeignete Nachfolger für das Ifakara-Spital zu finden und dafür zu sorgen, dass sie für die dortigen Herausforderungen vorbereitet und sozial abgesichert werden.

Auf der Suche nach den nötigen Mitteln wandten wir uns an die eben im Aufbau befindliche Entwicklungshilfe der Eidgenossenschaft. Hilfe kam vorerst nur zögerlich, es sei heikel eine konfessionelle Institution zu unterstützen. Um besser Druck auszuüben, gelangten wir darum gemeinsam mit der protestantischen Basler Mission an den Bund. Meine Erfahrung, dass durch gemeinsame Aktion mit andern mehr erreicht werden kann, führte 1973 zur Gründung von Medicus Mundi Schweiz, einem Netzwerk das heute über 40 Organisationen umfasst.

Ein ärztliches Engagement mit Nachhaltigkeit
Im Laufe der Jahre konnten wir für einen kontinuierlichen Nachschub von Ärzten, nicht nur für Ifakara, sondern auch für Missionsspitäler in Lesotho, Rhodesien, dem heutigen Simbabwe, und Mozambique sorgen. Die meisten unserer Arzte, die nach drei oder noch längeren Einsätzen in die Schweiz zurückkehrten, blieben für die Dritte Welt engagiert. Sie machten mit in den Vorständen SKMV, dem späteren Solidarmed, sowie bei Medicus Mundi Schweiz (MMS) und Medicus Mundi International (MMI). Ein ständiger Austausch mit den europäischen Tropeninstituten und eine offizielle Beziehung zur WHO (seit 1979) erhöhte die Kompetenz, Probleme im Gesundheitswesen armer Länder anzugehen.

Auf der WHO-Weltkonferenz 1978 von Alma Ata konnte ich als Vertreter von Medicus Mundi zum Thema der Basisgesundheitsdienste und Gesundheitsförderung einen Beitrag leisten. Die Deklaration von Alma Ata wurde in den kommenden Jahren für Medicus Mundi Programm und Strategie. Es ging u.a. um Gerechtigkeit, Demokratie und Einbezug der Bevölkerung; New Economic Order (1974), Health for All, Primary Health Care (PHC), das waren die prägenden Schlagworte.

Forderungen der Alma Ata Deklaration bekannt machen
Die Forderungen der Alma Ata Deklaration mussten bekannt gemacht werden. MMI organisierte dazu in Afrika in den Folgejahren eine Reihe von viel beachteten Seminaren und Konferenzen. Zeitweise hatte das Netzwerk von MMI über 1200 Ärzte in über 50 Ländern im Einsatz. Jährlich organisierten wir am Rande der WHO-Generalvertsammlungen Treffen mit Gesundheitsministern jener Länder, in denen unsere Ärzte tätig waren. Der offene Dialog über Richtlinien und Schwerpunkte der Zusammenarbeit führte zu einvernehmlichen Erkenntnissen. Für MMI boten diese Tagungen auch eine Möglichkeit unkompliziert mit einzelnen Ministern Probleme anzugehen.

Verstaatlichung kirchlicher Spitäler in Tansania abgewendet
Am Rande einer solchen Tagung in Rüschlikon 1975 wurde mit dem Gesundheitsminister Hassan Mwinji, dem späteren Präsidenten von Tanzania, eine wichtige Vereinbarung getroffen. Seine Leute diskutierten die Verstaatlichung kirchlicher Spitäler. Um dies zu umgehen wurde das Konzept eines «designated district hospitals» entworfen. Dies geschah in meinem Haus in Thalwil. Mit dabei war Professor Rudolf Geigy, Dr. Karl Schöpf, der Chefarzt des Spitals Ifakara und ein Vertreter der Kapuziner. Der Vorschlag beruht auf dem Konzept der «public private partnership» (PPP). Das Ifakara Spital übernahm in Zukunft öffentliche Funktionen, ein Vertreter der Regierung nahm Einsitz in der Spitalleitung, aber das Spital blieb im Besitz der Kirche. Diese Regelung wurde in der Folge mit der Bezeichnung «Designated District Hospital» für die meisten kirchlichen Spitäler des Landes übernommen.

 Nicht nur Dialog sondern vertragliche Vereinbarungen mit Regierungen
Doch Medicus Mundi wollte mehr als nur einen Dialog mit Gesundheitsministern. Schon in der MMI-Versammlung von Rom (1984), an welcher Gesundheitsminister aus 14 Ländern teilnahmen und ebenso viele Leiter von nationalen Koordinationsbüros kirchlicher Gesundheitsdienste, forderten wir, dass neben Abmachungen vertragliche Vereinbarungen in der «public private partnership» nötig sind, um die Effizienz der Zusammenarbeit zu steigern. Es gelang unserer Nichtregierungsorganisation (NGO) in der WHO, den Vertretern von 190 Regierungen dieses Anliegen vorzulegen. Bis 1999 die «WHO Resolution on Contracting (WHA56.25)» einstimmig angenommen wurde, vergingen für MMI mehr als drei arbeitsreiche Jahre diplomatischen Handelns.

Mgr. Giuseppe Bertello, Nuntius und Beobachter des Heiligen Stuhles bei den Vereinten Nationen in Genf, machte den Vatikan auf diese Resolution aufmerksam. Der Präsident des päpstlichen Rates für Gesundheit, Kardinal Lozano, kontaktierte mich. In der Folge verteilte er an sämtliche Bischofskonferenzen der Welt unsere Schrift, in welcher MMI die für beide Vertragsparteien vorteilhaften Aspekte des Contracting darlegte. Im Jahre 2011 fand im Vatikan erstmals eine Versammlung all jener Bischöfe statt, die in den einzelnen Bischofskonferenzen der Welt das Departement für Gesundheit betreuen. Ich war bei diesem Anlass eingeladen worden einen Vortrag zu halten unter dem Titel: «The Collaboration for Health between Church and States: The Resolution on Contracting (WHA56.25 / 2003): The Experience of Medicus Mundi in its Promotion and Implementation».

MMI hatte sich gleich nach Annahme der Resolution darauf konzentriert den kirchlichen Hierarchien in Afrika die Vorteile und Folgen des «Contracting» vor Ort zur Diskussion zu bringen. In diesem Sinne organisierte MMI von 2004 bis 2008 Arbeitskonferenzen mit der Vereinigung der anglophonen und frankophonen afrikanischen Bischofskonferenzen; mit AMECEA in Kampala 2004, mit CERAO in Cotonou 2005 sowie – auf nationaler Ebene – 2007 in Dar es Salaam, 2008 in Bangui und 2009 in Kinshasa. Die Resultate dieser Workshops wurden publiziert und weit verbreitet.

Tansanias Kirche nahm Ideen von Medicus Mundi auf
Verschiedene Afrikanische Bischofskonferenzen formulierten in der Folge ihre zukünftige Gesundheitspolitik. Es war für uns ehrenvoll zu deren Inhalt beigetragen zu haben und feststellen zu dürfen, dass unsere Anregungen angenommen wurden. In der Publikation «Tanzania Catholic Church Health Policy « dürfen wir in der Einleitung lesen: «TEC (Tansania Episcopal Conference, die Red.) would like to thank Brother Dr. Daniele Giusti (Collaborator of MMI) , who presented the key papers during the two day Studie Session and Dr. Edgar Widmer of MMI and MM Switzerland for availing the rich literature about the global process of «aggiornamento» .

Edgar Widmer

Edgar Widmer (1934) war nach seinem Einsatz in Ifakara (Tanzania) von 1978 – 1994 leitender Arzt im Spital Thalwil von 1978 bis 1994, Gründer des Netzwerks Medicus Mundi Schweiz und über 40 Jahre lang im Vorstand von Medicus Mundi International mit verschiedenen Aufgaben unter anderem als Verbindungsmann zur Kirche.


Das medizinische Zentrum von Ifakara

Weder im kirchlichen Schulungszentrum im hügeligen Kwiro, jenseits des Kilomberoflusses, mit der medizinischen Betreuung durch Frau Dr. Adelheid Schuster, noch beim Regierungssitz in Mahenge, wo das Ärztepaar Gabathuler tätig war, sondern im geographischen und wirtschaftlichen Mittelpunkt der Ulanga-Ebene entstand im Ort Ifakara das medizinische Zentrum des Kilobero-Distrikts. Einige Highlight aus der Geschichte des Zentrums:

1911 Gründung der Missionsstation St. Andreas durch Benediktiner von St. Ottilien

1922 Die während des ersten Weltkriegs verwaiste Station wird von Schweizer Kapuzinern wiedereröffnet

1928 Sr. Arnolda Küry aus Baldegg beginnt geburtshelferische Tätigkeit

1937 Bau einer Gebärstation mit 30 Betten

1951 Erster Arzt: Dr. Walter Müller aus Dietikon CH

1952 Baubeginn des St. Francis Hospitals

1953 Ankunft von Dr. Carl Schöpf von Zams (Tirol)

1957 Bezug eines Teils des neuen Spitals

1960 Offizielle Eröffnung des neuen Spitals mit 150 Betten

1962 Bau- und Inbetriebnahme einer Tuberkuloseabteilung mit 100 Betten (gestiftet von Fastenopfer der Schweizer Katholiken)

Leistungen im Jahr 1959:             Ambulante Patienten                    85’000

Labor Blutausstriche pro Tag ca  100

Röntgen Durchleuchtungen      873

Grosse Operationen                       686

Geburten                                          481

 

Der Autor des Artikels an einem Ärztekongress© Edgar Widmer
Der Autor des Artikels an einem Ärztekongress© Edgar Widmer
© missio
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Bischof Edgar Maranta (4.v.l.) neben Professor Rudolf Geigy, 1949 anlässlich der Eröffnung des Feldlabors des Tropeninstituts in Ifakara. © Edgar Widmer
Bischof Edgar Maranta (4.v.l.) neben Professor Rudolf Geigy, 1949 anlässlich der Eröffnung des Feldlabors des Tropeninstituts in Ifakara. © Edgar Widmer