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Ja, Geld regiert die Welt. Ich kann mich dem nicht entziehen. Ich gehe einer Arbeit nach, damit ich Geld verdiene. Davon bestreite ich meinen täglichen Lebensunterhalt. Was wäre, wenn ich kein Geld mehr verdienen würde? Wenn die Gemeinde mich dann nicht unterstützen würde? Wäre ich dann auch eine der vielen, die nur am Rande unserer Gesellschaft existieren? Wirklich nur noch dahin vegetieren. Wer wollte dann noch etwas mit mir zu tun haben? Und welches Bild hätte ich dann von mir selbst?

Kärgliches Dasein

Hängt meine Würde also vom Geld ab? Ich denke an die vielen alleinstehenden, älteren Menschen, vor allem sind es Frauen, die kaum das Nötigste zum Leben haben. Sie sind verwitwet, geschieden, haben ihr Leben lang für die Familie gearbeitet. Jetzt fristen sie ein kärgliches Dasein. Sie scheuen sich häufig, um Unterstützung zu bitten – weil sie sich schämen. Kein Geld zu haben bedeutet: Verlust der Selbständigkeit, Verlust desSelbstwertgefühls, ganz oder teilweise abhängig zu sein von andern.

Es bedeutet, den gängigen Normen nicht zu entsprechen. In den Augen der andern (und in meinen eigenen) unfähig zu sein. Ist das so? Machen wir deshalb vor der Armut am liebsten die Augen zu? Wir scheinen die Augen aber auch da zuzumachen, wo es um die Auswirkungen von Profitgier und Habsucht geht (Umwelt!). Der Zweck heiligt die Mittel? Bewundern wir nicht reiche, Erfolg-Reiche Menschen? Würde ich für eine Million einen Mord begehen? Bin ich käuflich? Wie würde ich mich verändern, wenn ich tatsächlich sehr reich würde? Wie viele Morde, Diebstähle, Veruntreuungen etc. werden begangen, nur um an Geld zu kommen? Geld bedeutet ja nicht nur: Ich kann mir kaufen, was ich will, ich bin „abgesichert“. Es bedeutet auch, Macht zu haben: Macht über andere.

„Abge-sichert“

Absichern kann ich mich heute gegen fast alles – nur nicht gegen den Tod; nur nicht gegen das Leben selbst. Wer sich gegen alles und jedes absichert, verliert den Bezug zum Leben. Denn das Leben wandelt sich beständig. Wenn ich reich wäre, könnte ich mir alles kaufen, was ich will? Sie kennen das Märchen von der Goldenen Nachtigall? Ein Kaiser ging eines Abends in seinem Garten spazieren. Da hörte er, nahe bei einer Hecke, eine Nachtigall singen. Sie sang so schön, dass sein Herz davon bewegt wurde. Er bat sie, sie solle doch bei ihm im Palast wohnen. Sie würde den besten Platz und das beste Futter bekommen. Der ganze Hofstaat würde zu ihrer Verfügung stehen und ihr jeden Wunsch erfüllen. Doch die Nachtigall wollte nicht. Ein Goldschmied hörte von dieser Geschichte und fertigte einen wunderschönen Käfig mit einer noch schöneren Nachtigall darin an. Wenn man an einem Hebel zog, öffnete die Nachtigall ihren Schnabel und sang. Dieses Kleinod machte er dem Kaiser zum Geschenk. Alle Besucher, die an den Hof kamen, bestaunten es. So etwas hatten sie noch nie gesehen. Sogar von weit her kamen sie, nur um dieses Wunderwerk zu sehen. Die Nachtigall sang den lieben langen Tag. Wenn der Kaiser einmal an die Nachtigall im Garten dachte, sagte er sich: Was brauche ich diesen unscheinbaren, undankbaren Vogel? Der Vogel im Käfig ist tausend mal schöner und er singt, wenn ich es will. So ging es eine Weile. Da wurde der Kaiser sehr krank. Die besten Ärzte kamen. Aber sie konnten ihm auch nicht helfen. Sie flüsterten hinter seinem Rücken: Es ist nicht der Körper; seine Seele ist krank. Und dagegen wissen wir kein Mittel. Der goldene Käfig mit der goldenen Nachtigall stand neben dem Bett des Kaisers. Und die Höflinge liessen sie wieder und wieder singen. Aber auch das half nicht. Da hörte die Nachtigall im Garten, dass der Kaiser sehr krank sei. Und er dauerte sie. Sie flog zum Fenster des Kaisers und fing an zu singen. Als der Kaiser dies hörte, erbebte sein Herz und Tränen begannen aus seinen Augen zu fliessen. Die Höflinge wollten die Nachtigall verscheuchen, als sie dies sahen. Da richtete sich der Kaiser auf und verbot es ihnen. Und von dieser Stunde an war er wieder gesund. Die Nachtigall blieb weiterhin im Garten wohnen, hintern bei der Hecke. Doch wenn es Abend wurde, kam sie oft, setzte sich auf das Fenster des Kaisers und sang.

Der kostbarste Besitz

Vor ein paar Tagen sass ich mit einer alten Dame, die im Rollstuhl sitzt, auf dem Balkon. Sie bewunderte die schöne Aussicht. Dabei erzählte sie mir von den Reisen, die ihre Tante mit ihr als Kind in den Schwarzwald unternommen hatte. Am Ende sagte sie: „Das ist es, was noch übrig bleibt von meinem Leben: die Erinnerungen. Davon zehre ich jetzt.“ Und zu mir: „Schaffen Sie sich Erinnerungen, damit sie von diesem Reichtum zehren können, wenn Sie alt sind.“ Eigentlich müsste ich dem nichts hinzu fügen. Vielleicht noch dies: Wenn wir vor lauter Rennen nach dem Geld unsere Seele nicht „bereichern“, fallen wir, wenn wir in eine Krise geraten, in ein bodenloses Nichts. Denn das einzige, was uns dann zu tragen vermag, ist der Reichtum unserer Seele.

Anke Maggauer-Kirsche
Die Autorin arbeitet in Luzern als Betagtenbetreuerin.

 

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Neue Noten braucht das Geld

ite 2001/1

Warum braucht das Geld neue Noten?
Regiert Geld die Welt?
Was machen die Kapuziner mit ihrem Geld?