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Franz Zemp während eines Sterbebrituals © Jutta Vogel
Franz Zemp während eines Sterbebrituals © Jutta Vogel

Seit August 2015 arbeitet der Theologe Franz Zemp (54) als Gassenseelsorger in der Stadt Luzern. In seiner täglichen Arbeit begegnet er Armut und Verelendung von Drogensüchtigen und Randständigen auf Schritt und Tritt. Darüber – und über seinen persönlichen Werdegang – erzählt Franz Zemp in diesem Beitrag.

Der Luzerner Gassenseelsorger Franz Zemp © Jutta Vogel

Meine Herkunft? Ich wuchs in sehr einfachen Verhältnissen im Entlebuch auf und bin sehr von dieser bäuerlichen Umgebung geprägt. Sie gab mir eine gewisse Bodenständigkeit und eine Naturverbundenheit mit auf den Weg. Mein Vater brachte mit bloss 14 Milchkühen unsere Familie durch. Ich lernte als Kind nie schwimmen, es gab nie Ferien im Ausland. Erst beim Besuch des Gymnasiums in Schüpfheim ging mir eine Welt auf. Ich lernte Latein, Sprachen, Geschichte, sah, das Leben hat ja einen viel grösseren Horizont, als ich zu Hause erlebt hatte.

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Meine Familie? Ja, ich habe bis heute einen engen Bezug zu meiner Herkunftsfamilie: Ich war ein guter Schüler, durfte als einziger von fünf Geschwistern studieren und war prädestiniert, Pfarrer zu werden. Das war in Entlebucher Familien damals so Brauch. Meine Mutter, als sehr fromme Katholikin, hätte das auch gerne gesehen. Ich studierte Theologie, liess mich aber nicht weihen, weil mir gerade das Studium und die Reflexion über die Kirche nochmals eine ganz andere Welt zeigten. Ich sah, ich kann mich trotzdem in Seelsorge und Pastoral engagieren, etwas was ich bis heute sehr gern mache.

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Faszination Mission? Als Bube wollte ich tatsächlich in die Mission gehen, diese Idee hat auch meine Mutter gefördert. Vielleicht war das damals schon ein Ausbrechen aus der engen Welt des Entlebuchs. Mein Wunschorden waren die Kapuziner. Ich erlebte Patres auf Heimaturlaub, war von ihren Erzählungen fasziniert. Wir kannten eine Baldegger Schwester in Tansania, die auf dem Nachbarshof aufgewachsen war.

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Meine Theologie? Sie hat sich mit den Jahren sehr gewandelt. Ich ging mit kindlichem Glauben und Kirchenverständnis ins Theologiestudium und wurde dort wachgerüttelt, z.B. auch durch den Kapuziner Dietrich Wiederkehr. Ich durchlebte theologische Krisen: Soll ich überhaupt in der Kirche arbeiten oder nicht? Im Verlauf der Jahre bewegte ich mich immer stärker von einer dogmatisch-fundamentalistischen Haltung weg. Missionieren gibt es für mich heute so klassisch nicht mehr, weder in der Pfarrei-, noch in der Randständigen-Seelsorge. Für mich ist eine jesuanisch geprägte Haltung den Menschen gegenüber wichtig. Sie sollen ihren eigenen Glauben als Kraftquelle wahrnehmen.
Gerade auch bei Armut- und Suchtbetroffenen sind spirituelle Fragen in vielfältiger Ausprägung fast immer präsent, ausgelöst nicht selten durch eine psychisch schwere Erkrankung. Diese Menschen spüren, dass andere Wirklichkeiten eine Rolle spielen können. Es ist eine grosse Herausforderung für mich, dass diese spirituelle Sehnsucht in einer guten Art das Leben dieser Menschen begleitet und prägt.

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Jesus und die Armut? Ich bin mit der Zeit weggekommen von der Auseinandersetzung mit theologischen Ehrentiteln für Jesus wie Gottessohn oder Messias. Mich faszinieren vielmehr die Geschichten von Jesus, seine Gleichnisse, seine Haltung, seine Botschaft. Zum Beispiel, wenn Jesus die gekrümmte Frau in seine Mitte nimmt, Aussätzige berührt, wenn er Menschen wie Dirnen, Räuber und Zöllner wertschätzt. Es gibt für mich hier so viele Parallelen zum Schicksal der Sucht- und Armutsbetroffenen. Etwa das Faktum, dass viele weibliche Drogensüchtige sich für den Konsum prostituieren müssen. Diese weit verbreitete Beschaffungsprostitution ist für solche Frauen wahnsinnig erniedrigend. Oder Diebstahl: Fast jeder Drogensüchtige braucht täglich fast hunderte von Franken für seinen Konsum. Jesuanische Haltung bedeutet für mich, diese Menschen Ernst zu nehmen in ihrer Situation und nicht durch die Brille des Gesetzes zu sehen.

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Das Kreuz? Ich liebte als Bube wohl Kruzifixe. Über unserem Küchentisch hing immer der Heiland. Als Christen müssen wir den Gekreuzigten als ein Hoffnungszeichen sehen, nicht als den Leidenden oder Opfer, wie vielfach dargestellt. Das Kreuz stellt für mich einerseits in seiner Vertikale den Bezug von Gott und Mensch dar. Und horizontal: Es darf uns als Christen nicht gleich sein, wie es unseren Mitmenschen rechts und links geht.
Leiden und Tod ist auch bei Suchtbetroffenen täglich präsent. Etwa, wenn Leute aus der Szene plötzlich tot aufgefunden werden.

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Meine Engel? Als Kind liebte ich das Schutzengelgebet. Ich bin nicht ein Engelstyp im esoterischen Sinne. Doch viele Menschen fühlen sich durch den Schutz von Gott durch seine Engel sehr angesprochen. Und tatsächlich: Engel haben in der Bibel als Gottesboten eine ganz wichtige Bedeutung. Interessant, dass gerade Suchtbetroffene sich oft durch Engel angesprochen fühlen: Als jemand, der für sie im Verborgenen schaut und für sie da ist.

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Meine Rituale? Ich brauche auch heute viele katholische Zeichen und Rituale, aber ich deute sie anders. Ich war in meiner Jugend traumatisiert von der Karfreitagsliturgie in Escholzmatt mit dem Küssen des Kreuzes und dem Besingen der Wunden Jesu. Klar müssen wir das Leiden benennen, aber wir dürfen es nicht einfach «verehren und hochjubeln». Das Kreuz ist vielmehr Mahnmal für das Leiden auf der Welt.
Ich bin grundsätzlich überzeugt, dass wir Rituale brauchen. Gerade für Menschen, die nicht so nahe bei der Kirche sind wie Leute auf der Gasse, sind Taufen oder Segnungen oder Sterberituale ganz wichtig. Immer wenn jemand von der Gasse verstorben ist, machen wir eine Abdankung in der Gassenküche. Alle zünden eine Kerze an, ein Blumenstrauss steht in der Mitte. Dann halten wir eine halbe Stunde inne, ohne Telefon oder Konsumation, und würdigen den Verstorbenen. Manchmal finden sich fünf, manchmal auch zwanzig Suchtbetroffene ein, je nachdem wie sie «drauf» sind dafür oder wie lieb sie den Verstorbenen gehabt haben. Dann zünden sie Kerzen an oder sagen ein paar Worte. Solche Rituale sind für sie enorm wichtig.
Auch ich persönliche liebe solche Zeichen. Auf dem Balkon brennt bei mir fast immer am Abend eine Kerze. So übergebe ich die Begegnungen, Geschichten oder meine Sorgen dem Licht der Nacht.

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Mein Gegenüber? Unsere Zielgruppe nennen wir Sucht- und Armutsbetroffene. Im Allgemeinen sind mein Gegenüber materiell arme Menschen mit Sozialhilfe und/oder IV-Rente. Die meisten von ihnen konsumieren regelmässig Drogen oder ein Substitut wie Methadon. Durch die Drogen sind sie nicht nur arm, sondern oft auch isoliert und einsam. Sie sind häufig depressiv, traurig und enttäuscht, haben enorme Schuldgefühle, psychisch schwere Erkrankungen. Andererseits faszinieren mich diese Menschen als Lebenskünstler, die immer wieder einen Weg finden. Sie fliegen aus ihrer Wohnung und plötzlich haben sie jemand, der ihnen ein Dach über dem Kopf gibt. Sie sind arbeitslos und plötzlich können sie bei jemanden aushelfen. Diese Menschen haben eigentlich ganz viel Kreativität und Talente in sich.

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Meine Motivation? Ich bin ein neugieriger Mensch. Manchmal kann ich meine Motivation gar nicht richtig erklären. Als Seelsorger betrachtet, ist meine Arbeit einer der sinnvollsten Tätigkeiten überhaupt: Menschen begleiten, für die sonst niemand Zeit hat. Letztlich steckt dahinter ein religiöser Aspekt. Als Christen müssen wir mit solchen Menschen, die arm und verwahrlost sind, unterwegs sein. Sie stossen für mich auch viele Fragen an: Was ist mir wichtig? Was ist der Sinn meines Lebens? Wohin gehe ich? Wie gehe ich mit Beziehungen um? Der Kontakt zu solchen Menschen relativiert für mich auch die hohen Anforderungen, die wir an Wohnen, Arbeit, Beziehungen stellen.

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Meine Kirche? Das verstehe ich unter Christentum und Kirche: Dass wir bescheiden und mit einer gewissen Selbstverständlichkeit etwas machen, ohne den Hintergedanken der Missionierung, sondern den Menschen in seiner Würde ernst nehmen, ihn begleiten und unterstützen. Darum geht es und nicht um Erhalt der Kirche. Noch immer wollen wir die Institution Kirche retten, dabei müssten wir vielmehr mit den Menschen unterwegs sein.

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Sinn meiner Arbeit? Ich begegne den Menschen mit ihren drängenden existentiellen Fragen wie Tod und Leben und werde durch sie auch persönlich herausgefordert.
Ein Beispiel: Ich besuche einen Suchtbetroffenen nach einem Verkehrsunfall im Spital, der keine Freunde und Verwandte hat, nur ein paar unverbindliche Kollegen von der Gasse. Am Schluss sagt er mir: Danke, dass du dir für mich Zeit genommen hast.

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Akzeptanz meiner Arbeit? Das müssen die anderen Mitarbeitenden der kirchlichen Gassenarbeit beantworten. Doch – ich erhalte immer wieder Echos wie: Ja, mit dir kann man noch reden, du bist ein offener Typ. Viele von der Gasse nennen mich sogar Pfarrer oder Seelsorger. Es geht dabei immer um zeitaufwendige Beziehungsarbeit. Man muss zuhören können. Die Akzeptanz hat auch damit zu tun, dass man diese Menschen nicht verurteilen darf, sondern ihnen «auf Augenhöhe» begegnet, dann haben sie auch Vertrauen zu mir. Ich denke, ich habe mir diese Akzeptanz in den vier Jahren hier erarbeitet.

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Meine Emphatie? Ich glaube, diese Fähigkeiten habe ich. Aber ich lade mir manchmal hinsichtlich Termine zu viel auf, dann brauche ich eine grosse Konzentration bei Gesprächen. Dann sagen mir die Leute in der Gassenküche: «Du hörst mir ja gar nicht zu und bist schon am nächsten Termin.» Die Leute auf der Gasse sind wirklich sehr direkt, das schätze ich. Sie sagen mir: «Du siehst müde aus. Du hast eine schreckliche Jacke an.» – Aber ich muss dieses aktive Zuhören und Empathie zeigen immer wieder einüben. Gleichzeitig muss ich mich abgrenzen: An einer Lösung für die Sucht- und Armutsbetroffenen mitarbeiten, ihre Geschichten ernst nehmen, aber nicht einfach Mitleid haben.

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Meine Schweigepflicht? Alle Mitarbeitenden beim Verein kirchliche Gassenarbeit haben diese Schweigepflicht, dazu gehört auch die Befolgung der Datenschutz-Richtlinien. Wenn ich etwas weitererzähle, z.B. der zuständigen Sozialarbeiterin, dann frage ich den Betroffenen oder die Betroffene vorher um ihr Einverständnis.

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Angst vor dem Tod? Suchtbetroffene wollen nach einem Todesfall in ihrem Umkreis immer genaustens wissen, woran er oder sie gestorben ist. Es verbreiten sich rasend schnell Gerüchte in der Szene. Das ist übrigens eine meiner Aufgaben: Durch meinen Zugang als Seelsorger zu den Ämtern kann ich in den meisten Fällen die Todesursache eines Drogensüchtigen abklären und diesen Gerüchten vorbeugen, sofern ich zu den Infos komme, denn es gibt ja auch den Datenschutz. Wenn jemand an einem Herzversagen gestorben ist, sind die Suchtbetroffenen beruhigt. Doch ein einsamer Tod durch Überdosis oder das Sterben alleine in einer Wohnung, das beunruhigt die Suchtbetroffenen und vergrössert ihre Angst vor dem eigenen Tod.
Diese grosse Angst spüre ich bei Abdankungen immer wieder. Es gibt Suchtbetroffene, die nicht an eine solche Feier kommen, weil das Geschehnis ihnen zu nahe geht. Was ich auch spüre: Viele Suchtbetroffene haben einen nahen Angehörigen, Bruder, Elternteil, verloren. Sie verdrängen mit ihrem Drogenkonsum ihre Traurigkeit und leisten keine Trauerarbeit, dann staut sich über die Jahre viel Unverarbeitetes an.

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Ich selber? Seitdem ich über 50 bin, ist diese Thematik präsenter. Ich bin kinderlos und habe auch keine Patientenverfügung. Eigentlich habe ich mehr Angst, wenn Menschen in meinem Umfeld sterben. Wie gehe ich dann mit diesem Verlust um?

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Die Einsamkeit der Suchtbetroffenen? Wenn jemand jahre-, jahrzehntelang Drogen konsumiert, dann ist sein erster Gedanke am Morgen: Wie gelange ich an Geld und damit an Stoff? Darunter leiden alle Beziehungen, zu einer Freundin, zu Kollegen, zur Familie. Viele Suchtbetroffene haben etwa eine Freundin, die sie zur Prostitution zwingen, um ans Geld zu kommen. So können aus Beziehungen brutale und ausbeuterische Geschäfte werden. Letztlich geht es dem Suchtbetroffenen nur um sich und seine Sucht. Das macht sehr einsam. Viele Suchtbetroffene sagen mir, sie hätten keine richtigen Freunde, sie könnten niemanden trauen. Viele leben dann abgeschottet in einer Wohnung und sind am Abend alleine. Vordergründig sind solche Menschen viel mit anderen zusammen, aber sie haben keine richtigen, vertrauenswürdigen Beziehungen und Freundschaften.
Dann kommen die fast immer spannungsgeladenen Kontakte zur Herkunftsfamilie oder zu allfälligen eigenen Kindern. Einerseits passt man nicht in die Verwandtschaft, weil man sie schon finanziell ausgenommen oder von ihr Geld geklaut hat. Andererseits wollen etwa die eigenen Kinder, wenn sie älter sind, mit diesem Vater oder dieser Mutter gar nichts mehr zu tun haben, wenn er oder sie es nicht schaffen, von den Drogen wegzukommen und wieder im Knast sitzen.

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Schuld und Vergebung? Ja, Suchtbetroffene haben oft Schuldgefühle. Schuld und Vergebung sind ureigentliche theologische Begriffe. In Gesprächen, wenn es wirklich um Glaube und Religion geht, kommen solche Fragen bei Suchtbetroffenen immer wieder auf, etwa, wenn ich sie im Gefängnis und der Psychiatrie besuche. Süchtige fühlen sich ihren Eltern gegenüber als Versager. Auch Eltern hadern ihrerseits, sie hätten etwas falsch gemacht, weil ihr Sohn, ihre Tochter süchtig wurde.
Bei Abdankungen stelle ich immer wieder fest, wenn ich in Kontakt komme mit der Herkunftsfamilie und den Verwandten: Hier ist Schuld ein grosses Thema, es herrscht grosse Trauer über den verstorbenen Sohn die verstorbene Tochter. Der Tod eines jahrzehntelang süchtigen Familienmitgliedes löst oft ein Verarbeitungsprozess innerhalb der Familie aus.

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Meine heiteren Momente? Ja, die erlebe ich beispielsweise beim Mittagessen in der Gassenküche.  Suchtbetroffene haben oft kuriose und auch schräge Ideen, fabulieren einfach wild drauflos. So hat mir ein Suchtbetroffener zum Scherz empfohlen, doch der Hostie etwas LSD unterzumischen, dann sei die Kirche nachher voll. Es sind tatsächlich Lebenskünstler; trotz allem Schweren blitzt bei ihnen manchmal ein unvergleichlicher Humor und eine gewisse Leichtigkeit auf.

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Meine besonderen Begegnungen? Spontan kommt mir ein Suchtbetroffener in den Sinn, der an schlechtem Stoff gestorben ist. Seine Mutter erzählte an der Abdankung seine ganze Geschichte als Drogensüchtiger. Später sagte sie mir, diese Verarbeitung habe ihr sehr gut getan. Oder jene Familie mit drei Söhnen, die alle drei alkohol- oder heroinsüchtig sind. Ihre mittlerweile 70-jährige Mutter hat immer noch genügend Stand, damit umzugehen und nicht zu verzweifeln. Es berührt mich immer wieder, wie Angehörige einen Weg der Versöhnung mit der Geschichte ihres drogensüchtigen Kindes gehen können.

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Meine Vorstellungen von einer sozialen Gesellschaft? Es wird nie eine suchtfreie Gesellschaft geben. Süchte haben wir alle. Ich wünsche mir im Sinne einer guten Integration, dass Suchtbetroffene mit einer gewissen Stabilität wieder in die Arbeitswelt integriert werden können, mit klar geregeltem Tagesablauf. Das würde ihnen sehr viel helfen. Doch das ist heute extrem schwierig.
Darum sehne ich mich zurück in eine Zeit mit Unternehmen, die solchen süchtigen Menschen eine Chance gaben. Doch heute finden sich solche Arbeitsplätze leider kaum mehr. Suchtbetroffene werden dann in Spezialinstitution mit geschützten Arbeitsplätzen gesandt. Das ist schon ok, aber gerade dort bilden sich wieder Suchtbetroffenen-Ghettos, was ich nicht gut finde.
Das gleiche gilt für das Wohnen. Es wäre schön, wenn Suchtbetroffene nicht einfach in Ghettos wohnen, wie z.T. in Luzern. Ich kenne vereinzelte Fälle, wo Suchtbetroffene unauffällig in einem Block leben. Zum Beispiel jener Suchtbetroffene, der der «Liebling des Blocks» ist; Er trägt einer alten Frau die Tasche hoch und erhält dafür einen Fünfliber, den er für das Mittagessen oder halt auch Drogen verwendet. Dieser Mann ist sichtbar integriert und erhält eine gewisse Akzeptanz. Das ist die Realität, nicht die Aufrechterhaltung der Illusion einer cleanen Gesellschaft.


Was ist die kirchliche Gassenarbeit?

Auf Initiative von Sepp Riedener gründete die katholische Kirchgemeinde Luzern 1985 die kirchliche Gassenarbeit, seit 1993 ein Verein. Er wird getragen von der katholischen Kirche der Stadt und des Kantons Luzern sowie der evangelisch-reformierten und der christkatholischen Kirchgemeinde Luzern. Heute sind bei der «Kirchliche Gassenarbeit Luzern» über 50 Mitarbeitenden angestellt. Seit 2018 leitet Franziska Reist den Verein. Sie folgte auf Fridolin Wyss, ehemaliger Kapuziner, der die Organisation zehn Jahre lang führte. Der Jahresumsatz beläuft sich auf 4,3 Millionen Franken – davon 1,3 Millionen Spendengelder.

Alle Infos zu den verschiedenen Tätigkeitsgebieten der Luzerner Gassenarbeit:
www.gassenarbeit.ch