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Gesucht: ein Weg aus den Schulden | Presse-Bild-Poss
Gesucht: ein Weg aus den Schulden | Presse-Bild-Poss

Wieder aufzustehen war das einzig Vernünftige.

Es sei damals alles sehr schnell und überraschend gekommen, erzählt Manfred Frey. Der heute 48-jährige Single lebt am rechten Zürichseeufer im Kanton St. Gallen. In Erwartung einer versprochenen Geldsumme habe er unbesorgt drauflos gelebt und dabei einfach zu viel Geld ausgegeben. Als die Summe dann aber nicht eintraf, stand Manfred Frey bereits drei Monatsmieten in der Kreide.

In dieser prekär zugespitzten Situation konnte Manfred Frey die monatliche Leasing-Rate von 900 Franken für das Auto und seine hohen Handy-Rechnungen bereits nicht mehr bezahlen. Die Schulden begannen, sich auf über 30’000 Franken anzuhäufen. Allmählich verlor er die Kontrolle über die eintreffenden Rechnungen und Mahnungen. Die Post blieb ungeöffnet liegen. «Ich verlor vollends den Überblick und war am Boden zerstört. » Er sei zu der Zeit gerade arbeitslos gewesen, sagt der freischaffende Lehrer, Journalist und studierte Theologe, der damals wie heute seinen Lebensunterhalt mehrheitlich mit Stellvertretungen an Schulen verdient.

Die Sinne wieder finden

In der Verzweiflung versuchte Manfred Frey sein Glück in einem Spielcasino, setzte alles auf eine Karte und verlor nochmals ein paar Tausend Franken. «Am tiefsten Punkt meines Lebens angelangt – ohne Geld ist man enorm eingeengt in unserer Gesellschaft –, bin ich in die Innerschweiz gefahren und habe dort in einer psychiatrischen Klinik um Hilfe angefragt. Ich war damals ganz unten.» Von seiner früheren journalistischen Tätigkeit her kannte Manfred Frey diesen Ort, vormals ein Kloster. «Sie nahmen mich auf, und ich konnte ganze drei Wochen an diesem geschützten Ort wie in einer Oase bleiben.»

Manfred Frey hatte dort Zugang zu verschiedenen Therapieangeboten. «Ich erinnere mich noch gut daran, wie wir im Rahmen einer Therapie rausgehen mussten, es war Frühling und wir sollten draussen in der Natur verschiedene Düfte wahrnehmen von Holz, Blumen, Gras usw.» Dabei habe er sich plötzlich wieder an den Duft der gelben Bachdotterblumen aus seinen Kindertagen als Bergbauernbub im Bündnerland erinnert. Eine leise Sehnsucht nach Frühling habe ihn dabei ergriffen. Als er tiefsten Punkt seines Lebens anlangte, habe sich ihm plötzlich die entscheidende Frage gestellt: Will ich überhaupt wieder einen Frühling erleben? Und die Antwort darauf war eindeutig: Ja. Der Wendepunkt der Krise war erreicht.

Angewiesen auf andere

«Über das Riechen habe ich wieder zu mir selber gefunden. Ich wusste nun, dass es irgendwie weiter gehen würde. Ich sah zugleich aber auch ein, dass ich allein finanziell nicht mehr weiterkomme.» Manfred Frey raffte sich auf und ging aufs Fürsorgeamt seiner Wohngemeinde. Es habe ihn grosse Überwindung gekostet, sich dort anzuvertrauen. Verschuldet zu sein ist stark mit Scham behaftet. Doch der Gang aufs Sozialamt sei auch wohltuend und befreiend gewesen, sagt Manfred Frey rückblickend. «Ich musste alles offenlegen, meine ganze Buchhaltung, die ich vernachlässigt hatte in den letzten Monaten. Ich musste mich erst aus «unseligen Verträgen lösen und begann mit Hilfe des Sozialteams einen persönlichen Finanzplan für den sukzessiven Abbau des ganzen Schuldenbergs – inklusive sämtlicher Verzugszinsen, die da noch anfallen – zu erarbeiten ». Manfred Frey blieben damals monatlich 3000 Franken zum Leben.

Dank der guten und fairen Zusammenarbeit mit dem Team des Sozialamtes hat Manfred Frey nach und nach aus seiner «selbstverschuldeten » Finanzkrise herausgefunden. «Es war ein langer, steiniger Weg voller Entbehrungen aus einem ausweglos scheinenden Schlamassel. Allmählich gewann ich wieder Boden unter den Füssen, nicht zuletzt auch dank einer finanziellen Hilfe meiner Eltern.»

Freude an der Arbeit finden

Heute ist Manfred Frey saniert und führt wieder ein normales Leben, auch wenn er immer noch daran ist, letzte Raten abzuzahlen. Er hat sich gewissermassen neu erfunden und möchte sich verwirklichen. Verschiedene Projekte stehen an: Manfred Frey ist seit zwei Jahren Chefredaktor Eines Sportmagazins. Er hat auch als ausgebildeter Primarlehrer im Kanton Aargau eine Privatschule für Schüler mit Problemen gegründet und besitzt bereits die Lehrbewilligung des Kantons. Es fehlt ihm aber einfach das nötige Kapital, um diese Schule aufzubauen.

Manfred Frey hat viele Interessen. Der Seelsorger ist auch im Journalismus zuhause. «Ich habe Euphorie für viele Projekte entwickelt, die Gefahr der Verzettelung ist dabei gross», weiss er. «Ich muss mich nun selber etwas dosieren, mich in Geduld üben und meine Kräfte sowie die finanziellen Mittel bündeln.»

Keine billige Steh-auf-Story

Der christlichen Auferstehungsidee kann Manfred Frey als evangelischer Theologe grundsätzlich nur Positives abgewinnen: «Wieder aufzustehen ist die einzig vernünftige Art, mit der Erfahrung von Leid und Tod im Leben umzugehen. Alles andere wäre ja destruktiv.»

Aus Freys kritischem Theologenherz spricht aber auch eine gewisse Skepsis: Er will mit seinem persönlichen «Auferstehungserlebnis » keine billige Steh-auf-Story liefern. Sein geglückter Neuanfang nach der durchstandenen Schuldenkrise hat ihn zweifellos beflügelt. Manfred Frey hat aus der Krise herausgefunden und neuen Lebensmut geschöpft und sich wieder neuen Projekten zugewandt.

Ihn, den spirituell veranlagten und suchenden Menschen, treibt Jahr für Jahr in der Weihnachtszeit eine wesentliche Frage um: Was fangen wir heute mit der Geburt Christi eigentlich an? Stimmen wir nicht allzuschnell in die Euphorie des Weihnachtsgesangs ein? Kann man heute überhaupt noch – angesichts des damals «skandalösen» und weltaufrüttelnden Wirkens von Jesus von Nazareth – das Phänomen «Weihnachten» einfach

weiterhin als Inbegriff von heiler Welt verstehen?

*Name geändert

Cécile Blarer Bärtsch