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Zwei bekannte Kapuziner-Medienfachleute: Walter Ludin (l.) und Adrian Müller.
Zwei bekannte Kapuziner-Medienfachleute: Walter Ludin (l.) und Adrian Müller.

Unter den Schweizer Kapuzinern der jüngeren Zeit hat es ausnehmend viele, die sich als Journalisten oder Redaktoren engagierten. Der Kapuziner Willi Anderau wagt einen Überblick.

Der «Katholische Schweizerbauer» war die einzige Zeitung, die man uns jungen Kapuzinern im Noviziat auflegte. Es war die Wochenzeitung für den katholischen Bauernstand. Diese Zeitung kannte als einzigen Feind den Kartoffelkäfer und war ansonsten lupenrein katholisch. Der rührige Chef-Redaktor war ein Kapuziner, Sigward Angehrn (1910 – 1972). Sigward lebte seit 1943 im Kapuzinerkloster Wil und war von der Diözese St. Gallen als Bauernseelsorger angestellt. Sein wichtigstes pastorales Instrument aber war der Katholische Schweizerbauer, dessen Redaktion er von 1948 bis 1970 führte. Ihm zur Seite stand P. Ansfrid Hinder (1915 – 1997), der nach dem Tode von P. Sigward die Redaktion von 1972 -1976 übernahm. Für die beiden Journalisten war der Katholische Schweizerbauer ihre mediale Kanzel.

Medienarbeit ist Seelsorge
Und damit waren sie nicht allein. Die Arbeit in den Medien wurde von allen Kapuzinern immer auch als Seelsorge verstanden: Die Schreibarbeiten für Zeitungen und Zeitschriften, die Tätigkeit am Radio oder für das Fernsehen, mit Mikrofon und Kamera, war eine Form aktueller Seelsorge. Man sprach von der medialen oder elektronischen Kanzel. Ein Begriff, der allerdings auch umstritten und verdächtig war.

Was Sigward und Ansfrid für den Bauernstand, das war Beat Lustig (1924 – 2003) für die Arbeiterinnen und Arbeiter. Beat war ein Arbeitstier, neben seinem Voll-Job als Arbeiterseelsorger war er Chefredaktor des «Treffpunkt» (früher «Heim und Beruf»), dem «Christlich-soziale Magazin der KAB». Dazu redigierte er noch den Franziskuskalender und die Zeitschrift ITE der Schweizer Kapuziner und zeichnete als Redaktor für «Christ im Alltag» (vormals «Christkönigsruf»). Nomen est omen: Beat Lustig war ein lustiger Mensch, humorvoll und engagiert, dazu mit viel Phantasie begabt, so dass er seine Texte schnell in die Tasten hämmern konnte. Er schrieb viel; er schrieb so viel, dass er aus verkaufstechnischen Gründen seine Artikel mit fremden Namen signierte, damit die Leser nicht merken sollten, dass alles nur aus seiner Schreibmaschine stammte.

Auch Walbert Bühlmann war ein (Sehr-)Vielschreiber
Weniger Hemmungen, als Autor zahlreicher Bücher und zahlloser Artikel aufzutreten, hatte Walbert Bühlmann (1916– 2007). Ursprünglich zog er nach Afrika, um die «Heidenvölker» zum Christentum zu bekehren. Schon bald entwickelte sich aber sein, anfänglich einfaches, Missionsverständnis zu einem biblisch fundierten, globalen Sendungsauftrag und damit auch zu einem neu interpretierten Kirchenbild. «Die dritte Kirche kommt» war eines seiner vielen Bücher, die damals Aufsehen erregten. Der Doktor der Theologie wurde zu einem weit über die Schweizer Grenzen hinaus bekannten und anerkannten Missiologen, der sein Wissen an der Universität weitergab, vor allem aber in seinen publizistischen und journalistischen Arbeiten.

Beim ORF sprach er über mehrere Jahre das Wort zum Sonntag; in der Schweiz produzierte er für die Arbeit der Missionspropagandisten drei Filme; einer davon wurde später in der ARD ausgestrahlt. Ein kleines Heftli,  «Der Missionsbote», sollte das Verständnis für die Arbeit in den Missionsgebieten wecken, die Verbindung zu den Schweizer Missionaren lebendig erhalten und die Geldbeuel der Leser öffnen. Walbert Bühlmann machte aus dem Heftli eine moderne Eine-Welt-Zeitschrift mit professionellem und modernem Layout: das «ite». Die Medien waren für Walbert immer auch mediale Kanzel. Zwar stiess er mit seiner journalistischen Arbeit und seiner weiten Theologie in konservativen Kreisen oft auf Unverständnis und Widerstand. Dennoch war sein manchmal auch kritischer Einsatz für eine weltoffene Kirche durchs Band von grossem, liebendem Engagement für die Kirche getragen.

Eine andere Möglichkeit von Journalistischer Arbeit
Bis in die 80er Jahre haben die Kapuziner die Medien (Print, Film, Radio, Fernsehen) durchwegs eingespannt als Mittel zur zeitgemässen Verkündigung der Frohbotschaft, eben als «mediale Kanzel». Das ist eine legitime Art, Medien zu verwenden. Aber die allermeisten (katholischen) Journalisten verstehen sich nicht als Prediger, sondern als Berichterstatter von dem, was da ist. Und sie sind unabhängige Animatoren des öffentlichen Gesprächs, ohne das eine demokratische Gesellschaft – und auch die Kirche – gar nicht richtig leben kann.

Nestor Werlen prägte die Kirchenbeilage des Vaterland
Der erste, der professionell in einem säkularen Medium arbeitete, war Nestor Werlen (1932 – 2013). Er wurde 1977 vom Chefredaktor des Vaterlandes, Alois Hartmann, in die Redaktion der Innerschweizer Tageszeitung geholt. «Christ und Kultur» war sein Thema. Das Vaterland, damals das Flaggschiff der Katholischen Presse, war politisch der CVP sehr verbunden. Für Nestor ein ideales Arbeitsumfeld. Der promovierte Kirchengeschichtler hatte zwei Tugenden, die für einen Journalisten sehr hilfreich sind: Er war neugierig und er konnte gut formulieren. Der Orden entdeckte schon früh Nestors journalistisches Talent, das er mit Begeisterung in der Ordenszeitschrift Fidelis entfalten konnte. Es war die Zeit der grossen kirchlichen Aufbrüche, die in der Synode 72 gipfelten. Nestor wirkte dort als Leiter der Pressestelle für die Deutschschweiz und knüpfte in dieser Funktion Bekanntschaft mit vielen Medienschaffenden der damaligen Zeit, was seiner späteren Arbeit bei der Tageszeitung sehr zu Diensten kam.

Doch seine Arbeit beim Vaterland nahm 1983 ein abruptes Ende. Im Rahmen einer Reorganisation wurde der Chefredaktor abgesetzt und der sonst sehr friedliebende Nestor verliess zusammen mit einigen Journalistenkollegen unter Protest das Vaterland. Fortan arbeitete er weiter als freier Journalist und dozierte Kirchengeschichte an der Universität Luzern.

Zum professionellen Journalisten bildete sich in den 80er Jahren auch Walter Ludin (*1945) aus. Er besuchte das Institut für Journalistik und Kommunikationswissenschaft an der Universität Fribourg. Schon damals fiel er an der Universität auf mit seinen engagierten und sozialkritischen Kommentaren. Der damalige Direktor des Instituts, Prof. Florian Fleck, kam manchmal zu mir und beklagte sich mir gegenüber vorwurfsvoll: «Ihr Mitbruder Walter Ludin hat wieder einmal….» Ich war damals Assistent an diesem Institut und Prof. Fleck hoffte, dass ich mässigend auf meinen Mitbruder einwirken würde – und ich getraute ihm gegenüber nicht zu sagen, dass der Stolz auf meinen Mitbruder noch grösser war als sein Ärger. Walter arbeitete ebenfalls bei der Synode 72, wirkt als freier Journalist, schreibt Bücher, redigierte den Franziskuskalender und prägte von 1992 bis 2017 mit seinem sozial-politischem Engagement und seiner journalistischen Kompetenz die «Eine-Welt-Zeitschrift ite».

Willi Anderau

Ich selber, Willi Anderau (*1943) gründete nach meiner Assistenzzeit am Journalistischen Institut zusammen mit Bruno Fäh (*1947) die TAU-AV Produktion; das war 1975. Unser Ziel war, für Katechese und Verkündigung audiovisuelle Medien zu produzieren. Damals bedeutete das vor allem die Herstellung von Tonbildschauen und Videos. Im Kollegium St. Fidelis, Stans, hatten wir ein Tonstudio eingerichtet und verfügten über Fotoausrüstungen, die technisch auf der Höhe der Zeit waren. 1988 wurde ich zum bischöflichen Beauftragten für Radio- und Fernsehen gewählt. Das hiess, in der Verbindung zur SRG die Medienpolitik der Kirche mitzugestalten und kirchliche Radio- und Fernsehsendungen der SRG mit zu betreuen. Bruno Fäh führte die TAU-AV Produktion weiter und spezialisierte sich immer mehr auf Film und Fotografie, die zu seinem bevorzugten Ausdrucksmittel wurde, das in AV- und Printmedien grosse Anerkennung fand. 2012 wurde er von der Bischofskonferenz als bischöflicher Radio- und Fernsehbeauftragter gewählt, arbeitet deshalb teilzeitlich beim katholischen Medienzentrum und betreut dort als mein Nach-Nachfolger religiöse u. kirchliche Sendungen von SRF.

Aktuell leitet Adrian Müller (*1965) als Redaktor das «ite» und ist dort mit vielen Beiträgen präsent. Adrian doktorierte in Medienpädagogik und erarbeitete sich so auch journalistische Kenntnisse, die ihm als freier Journalist mit Beiträgen in verschiedenen Printmedien zu Gute kommen und nicht zuletzt in seiner derzeitigen Verantwortung als Chefredaktor des «ite».

Social Media mischten Medienszene auf
Die traditionelle Medienszene wurde in den letzten Jahren durch die Social Media gründlich aufgemischt. Auch einige Kapuziner tummeln sich inzwischen in dieser elektronischen Welt und benutzen die Social Media zumeist als neue elektronische Kanzel: Etwa George Francis-Xavier (*1977), ein gebürtiger Inder, der sich in den Social Media, deren Gesetzmässigkeiten und Tricks bestens auskennt. Er hat uns ältere Semester zur Präsenz in diesen neuen Kanälen animiert und Kapuziner und Kapuzinerinnen angestiftet, sich selber in Blogs zu versuchen; er selber produziert Kurz-Videos, fotografiert und schreibt Blogs. Über Social Media hat er zudem eine Brücke geschlagen zu den Kapuzinerinnen und gemeinsam engagieren sie sich, um die franziskanische Präsenz auf unzähligen Smartphones und Tablets zu verstärken.

Langversion von Text in ite 5/20