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Matthieu Loua, Generalsekretär der OCPH-Caritas Guinea © Sigfried Ostermann, Missio
Matthieu Loua, Generalsekretär der OCPH-Caritas Guinea © Sigfried Ostermann, Missio

«Hier bin ich, sende mich!» heisst das Leitmotiv des diesjährigen Monats der Weltmission. Gastkirche ist jene von Guinea, eine kleine und junge Gemeinschaft. Aber als Minorität hat sie eine gesellschaftlich grössere Bedeutung, als ihre Zahl vermuten lässt. Sie gibt jungen Menschen Hoffnung, wie Matthieu Loua erzählt.

Die Zahl der Migranten und der Menschen auf der Flucht hat in den letzten Jahren und Jahrzehnten weltweit deutlich zugenommen. Eine Trendwende ist nicht absehbar, auch wenn sich die Migrationsströme in diesem Jahr wegen der Coronakrise verlangsamt haben.

Guinea in Westafrika hat sich in den letzten Jahren zunehmend zu einem Durchgangsland für die illegale Migration aus den Nachbarländern entwickelt. Aber auch die eigene Bevölkerung, vor allem junge Menschen, nimmt auf der Suche nach dem Glück in einem beunruhigenden Masse die gefahrvolle Reise nach dem «gelobten Land» Europa in Kauf. Die grossen Träume gehen nur in den seltensten Fällen in Erfüllung, denn auf dem Weg drohen Gefängnis, sexuelle Ausbeutung, jeglicher Missbrauch und der Tod. Dieser Dramatik ist sich die katholische Kirche in Guinea sehr bewusst und hat sich deshalb dem Kampf gegen die illegale Migration der jungen Frauen und Männer verschrieben. Unter dem Motto «frei zu gehen, frei zu bleiben» hat die Kirche in Guinea mit Unterstützung der Italienischen Bischofskonferenz eine Kampagne gestartet, um den jungen Menschen Zukunftsperspektiven im eigenen Land zu geben. Dabei sollen gezielt junge, zurückgekehrte sowie potentielle MigrantInnen Zugang zu Ausbildung und Arbeit erhalten. Und die Kampagne setzt auf die Mitarbeit der lokalen Gemeinschaft, besonders auf die diözesane Jugendpastoral.

Gründe der Migration in Guinea
Der Priester Matthieu Loua ist seit 2011 Generalsekretär der «Katholischen Organisation für ganzheitliche Entwicklung des Menschen» (OCPH) und zuständig für die Sozialpastoral der Kirche von Guinea. Die Struktur, für die er arbeitet, heisst offiziell OCPH-Caritas Guinea. In einem Interview mit Missio spricht er über die Gründe für die Migration, die damit verbundenen Herausforderungen und wie die Kirche darauf reagiert.

Matthieu Loua, was sind die Hauptursachen für die Migration?

Es gibt mehrere Ebenen: politische Instabilität, fehlende Schulbildung und besonders der Mangel an Arbeitsplätzen für junge Menschen. Viele junge Hochschulabsolventen sind arbeitslos.

Was ist das typische Profil der guineischen MigrantInnen?

Nach den Statistiken, die wir aus Marokko und Algerien erhalten, sind die meisten guineischen MigrantInnen minderjährig, also im Alter zwischen 12 und 17 Jahren. 75% bis 80% der Migranten sind minderjährig. Es gibt auch junge Mädchen, die das Land verlassen.

Ist dieses Phänomen ausgeprägter geworden?

Die irreguläre Migration hat in Guinea in den letzten Jahren zugenommen. Wir begannen dieses Phänomen während der Ebola-Periode im Jahr 2013 zu beobachten. Die Menschen haben begonnen, sich dem Westen zuzuwenden. Sie sind immer gegangen, aber in den letzten Jahren hat die Migration stark zugenommen.

Warum wollen junge Menschen so dringend weg?

Jugendliche verlassen die Schule, weil ihre Eltern nicht die Mittel haben, sie zu unterstützen. Einige müssen sogar die Universität verlassen, weil ihnen das Geld dafür fehlt. Diese jungen Menschen sind besonders gefährdet. Sie wollen ihr Leben um jeden Preis ändern und wählen Wege, die nicht zu dieser Änderung führen. Tatsächlich wäre ein grosser Schritt getan, wenn die Schulbildung und medizinische Grundversorgung gesichert wären. Aber es ist nicht leicht.

Was sind die Auswirkungen auf Familien und Gemeinschaften?

Auf der anderen Seite fühlen sich diejenigen, deren Kinder erfolgreich bis nach Europa gekommen sind und etwas Geld schicken können, glücklich und verklären sich selbst.

Für mich ist die Migration an sich keine schlechte Sache. Aber wir müssen die Art des Weggehens korrigieren, unabhängig davon, ob sie Erfolg haben oder nicht. Denn es ist nicht der beste Weg, es ist nicht der legale Weg.

Auf dem Weg nach Europa lauern in Guinea Hunger, Durst, Gefängnis – und der Tod. (© Siegfried Ostermann, Missio)

Sensibilisieren Sie die Familien?

Wir versuchen, den jungen Menschen und ihren Eltern klar zu machen, welchen Schaden die illegale Migration verursacht. Wir erklären, dass wir nicht verbieten zu gehen, aber es soll nicht auf diese Weise stattfinden. Denn wenn Eltern ihre Kinder dazu drängen, sich auf die Suche nach einem besseren Leben zu begeben und sie kommen nicht an und sterben unterwegs: Wie wollen sie dann dieses bessere Leben erreichen, das sie suchen? Wenn dagegen die Kinder zuhause bleiben, dann können sie zusammen Initiativen ergreifen, um für sich selbst zu sorgen. Auch in der Landwirtschaft kann man Wohlstand erreichen, indem man versucht, das Wenige, das man verdient, gut zu verwalten.

Ich erzähle eine Anekdote: Ein Mann verlässt seine Heimat, um nach dem reinsten Gold zu suchen. Während dieser Suche stirbt er. Die Menschen finden sein Testament, in dem er darum bittet, zu Hause beerdigt zu werden. Sie graben sein Grab und entdecken das wertvolle Gold, das dieser Mann suchte. Das bedeutet, dass er das gesuchte Gold in seinem Haus hätte finden können, aber er hat am falschen Ort gesucht. Er hat sein Haus verlassen, um das Gold zu finden, das er in seinem Haus hätte finden können. Nun wird es von jemand anderem genutzt. Dieses Bild verwende ich, um den Menschen in Guinea ihnen eine Botschaft zu übermitteln.

Welche anderen Massnahmen werden ergriffen, um diesen Phänomenen entgegenzuwirken?

Wir bleiben nicht nur bei der Bewusstseinsbildung stehen, mit der wir etwa 26’400 SchülerInnen und Studierende erreichen. Wenn jemand zu mir kommt, um mir zu sagen, dass er hungrig ist, werde ich ihm nicht sagen, dass er beten soll. Er ist hungrig, also müssen wir ihm zu essen geben. Aktuell können 430 junge Leute, die zurückgekehrt oder migrationsgefährdet sind, an unserem Programm teilnehmen, bei dem sie sich kulturell betätigen oder einen Beruf erlernen können. Dies verleiht der Caritas Glaubwürdigkeit und verleiht dem, was wir sagen, Gewicht. 360 junge Frauen und Männer werden Zugang zu ihrer ersten selbständigen Erwerbstätigkeit durch einkommensschaffende landwirtschaftliche Aktivitäten erhalten. 50 junge Leute erhalten eine professionelle Berufsausbildung und 20 haben einen Beruf ihrer Wahl ergriffen.

Wie sehen Sie die Zukunft?

Ich bin optimistisch, weil ich in erster Linie ein Mann der Hoffnung bin. Für den Menschen gibt es immer eine Perspektive für Veränderungen. Wenn ich es schaffe, zehn oder sogar nur fünf von hundert zu überzeugen, sage ich mir, dass mein Optimismus sein Ziel erreicht. Auch nur fünf können handeln, um die Migration zu reduzieren. Der Beweis dafür ist, dass einige von denen, die wir begleiten, ein Zeugnis ablegen und sagen, dass sie nie versucht hätten, zu gehen, wenn sie gewusst hätten, was auf sie zukommt. Ich sage mir, dass es eine bessere Zukunft gibt, auch wenn sie noch weit entfernt ist.

Siegfried Ostermann, Missio

Siehe auch: Monat der Weltmission