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Sr. Gaudentia 1978 in Det im Beratungsgespräch mit Frauen aus der Region. zVg
Sr. Gaudentia 1978 in Det im Beratungsgespräch mit Frauen aus der Region. zVg

Vor über 50 Jahren kam die junge Baldegger Schwester Gaudentia als Missionarin nach Det auf Papua-Neuguinea und traf dort Menschen an, die quasi immer noch in der «Steinzeit» lebten.

Durch ihre Arbeit als Hebamme – und später als Friedensstifterin verfeindeter Sippen – erwarb sie sich aber zunehmend das Vertrauen der einheimischen Frauen und Männer. 2018 kehrte sie aus gesundheitlichen Gründen in die Schweiz zurück. Wir haben mit ihr über ihre Arbeit gesprochen.

Sr. Gaudentia, du bist zusammen mit vier anderen Schwestern im Oktober 1969 nach Papua-Neuguinea gereist, um dort deine Missionstätigkeit als Krankenschwester und Hebamme aufzunehmen. Wie hast du dich darauf vorbereitet?
Als Vorbereitung waren wir in London in einem Sprachaufenthalt. An den freien Wochenenden gingen wir in die Museen, um uns über die Kulturen möglicher Einsatzgebiete zu informieren. Es gab dort viel zu sehen und zu lernen, vor allem aus afrikanischen und südamerikanischen Ländern, aber nichts über Papua-Neuguinea.

Eigentlich wusstet ihr also wenig über das Land, als euer Einsatz konkret wurde.
Bevor wir ausreisten, haben wir einen dreimonatigen Kurs über Neumissionierung absolviert. Der hat mir sehr geholfen, weil das Hauptthema Völkerkunde war. Ich lernte, zu sehen, was vorhanden ist, und weniger einfach zu handeln und «meine Ansichten» bringen zu wollen. Ich habe da wirklich begriffen, dass wir in der Schweiz eine lange Entwicklung durchlaufen haben, und das ist auch so bei diesen Völkern. Ich muss auf die Geschichte von Papua-Neuguinea schauen, damit ich die Menschen dort verstehen lerne und erkenne, was sie brauchen.

Du hast aber nicht gewusst, dass du in die «Steinzeit» gehst?
Nein, eigentlich nicht. Unsere Frau Mutter, Sr. Sixta, war ein Jahr vorher in Papua-Neuguinea, um zusammen mit Sr. Astrid unser Einsatzgebiet zu rekognoszieren. Aber sie konnten nach ihrer Rückkehr nur berichten, dass dort nichts ist. Das bedeutete, dass wir einen Leerraum vorfinden würden, in den wir uns und unsere Fähigkeiten einbringen könnten. Der Bischof wollte Lehrerinnen und Krankenschwestern. Man wusste Sie wussten auch, dass viele Menschen krank waren, aber welche Krankheiten sie hatten, wusste man nicht. Als ich für den Einsatz in Papua-Neuguinea gefragt wurde, habe ich aus Neugierde und Interesse heraus sofort für ein Engagement zugesagt.

Was hast du nach Papua-Neuguinea mitgenommen?
Ich habe gedacht, Unfälle gibt es überall, also nehme ich dafür Notwendiges mit. Mein Hebammenköfferchen durfte nicht fehlen. Geburten gibt es auch überall. Das Hebammenköfferchen war für mich das wichtigste.

Wie muss ich mir die konkreten Lebensumstände vorstellen, als ihr nach Det, in euere Missionsstation, kamt?
Wir hatten ein Haus aus einem Holzgerüst, Sperrholzplatten als Wände und einem Blechdach. Es gab nur Kerosinlampen. Wir kochten auf einem Holzofen. Das Regenwasser sammelten wir. Gelegentlich haben wir es abgekocht. Wir waren vorsichtig. Aber es gab z.B. keine Malaria im Hochland. Wir wurden nicht krank. So lebten aber nur wir. Die Einheimischen selber «bewohnten» Buschhäuser. Schlimm waren für uns alle das Ungeziefer: vor allem die Kakerlaken, Flöhe und Läuse. Denen kamen wir nicht bei.

Die Leute vor Ort hatten kein Essgeschirr. Keine Geräte zum Arbeiten. Sie kannten nur den Stecken, keinen Pflug. Auch das Rad war unbekannt. Die Leute haben von ihrer Kraft und dem, was sie vorgefunden haben, gelebt: Süsskartoffeln und Kochbananen. Die legten sie in die Asche. Wir Schwestern haben auch gepflanzt, was wir an der Küste fanden oder an Samen mitgenommen hatten. Wir brachten unseren bäuerlichen Hintergrund ein. Im Unterschied zu den Schwestern aus Amerika und Australien, die vorwiegend von Büchsennahrung lebten. Es war möglich, mehrmals jährlich zu ernten.

Ins Spital kam nicht nur der Patient, sondern er nahm immer jemanden mit, der für ihn sorgte. Diese Begleiter haben wir angeleitet, das Land zu roden und zu bebauen. So haben sie das Pflanzen gelernt. Und durch das Einpacken in Blätter konnten sie auch Gemüse kochen. Damit wurde ihre Ernährung gesünder.

Wie habt ihr die Einheimischen erlebt?
Die Männer bewegten sich immer mit Pfeil und Boden. Sie trugen einen Lendenschurz, die Frauen Grasröcke. Frauen und Männer lebten in getrennten Häusern. Männer hatten je nach Reichtum mehrere Frauen. Die Feindschaft zwischen den Sippen war das grösste Hindernis.

Wir kamen Mitte Dezember nach Det, wo schon vor uns hie und da ein Pater war. Er hatte den Leuten gesagt, dass wir kämen, dass wir ihnen bei der Geburt und bei Krankheiten helfen könnten und um junge Menschen zu schulen. Die Frauen haben in einem Buschhaus geboren, rund um das Feuer und mit dem Schwein im Raum. Die anderen Frauen warteten draussen und standen ihr so bei. Ich half konkret, konnte die Schmerzen, z.B. durch Massage, lindern. Das hat ihr Vertrauen zu uns gefördert. Beigetragen hat auch der Umstand, dass die Säuglinge nicht mehr starben. Im Februar konnte ich erstmals einer Frau helfen. Danach wagten andere einheimische Frauen, mich zu rufen oder zu uns ins Spital zu kommen. Bei einer Geburt im Busch konnte ich eigentlich nichts anders tun, als ihre Lebensumstände zu akzeptieren. Ich konnte nur Stoff mitnehmen, damit das Kind wenigstens in diese Sauberkeit hinein geboren wurde. Die Frauen kamen durch das Gebären aus der Steinzeit ins 20. Jahrhundert.

Was waren die grössten Sorgen und Probleme der Einheimischen, als ihr kamt?
Aus unserer Sicht war es die Kindersterblichkeit durch den Mangel an Hygiene und Wissen. Weil die Kindersterblichkeit sank, wurden die Sippen stärker. Dieser Zugewinn an Kampfeskraft war ihnen wichtig. Das wiederum führte vermehrt zu Sippenkämpfen, Tod und Vernichtung des Eigentums der Feinde. Sie lebten dauernd in der Angst vor den anderen. Sie dachten und denken noch immer im Schema Freundessippe oder Feindessippe. Wir Schwestern sahen die Aufgaben mehr und mehr darin, den Frieden zu ermöglichen. Denn ihr Vertrauen wuchs, weil wir uns für sie interessierten.Beatrice Kohler