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Ephrem, hast du in deinem persönlichen Leben schon Situationen erlebt, in denen du etwas verändern musstest, damit du wieder voll leben konntest?

Nachdem ich 17 Jahre Rektor des Gymnasiums in Appenzell gewesen war, spürte ich, dass ich mein Leben verändern musste. Ich sagte mir: «Entweder hat mir die Kapuziner-Provinz eine neue Aufgabe oder ich will mir eine neue Herausforderung suchen.»

 

Worin zeigte es sich dir, dass du dein Leben neu ausrichten musstest?

Die Routine wurde mir lebenshinderlich. Die Schule wiederholt sich von Jahr zu Jahr: Leute müssen zu Jahresbeginn neu aufgenommen werden. Ende Jahr gibt es eine Schlussansprache. Am Anfang meiner Lehrertätigkeit war dies interessant und ich konnte in den ersten Jahren kreativ an solche Aufgaben herangehen. Ich hatte stets neue Ideen und konnte diese umsetzen. Doch mit der Zeit lief es sich aus und ich wuchs aus der Arbeit heraus. Nicht nur inhaltlich, sondern auch konkret. Je älter ich wurde und je grösser die Altersdifferenz zu den SchülerInnen, desto schwieriger wurde mir das Unterrichten.

 

Wie kam es dann zu deiner Lebensveränderung?

Zuerst hatte ich die Absicht, mich in der Nordostschweiz für die Erwachsenenbildung zu engagieren. Doch trat der Kapuzinerorden an mich heran und bot mir interne Aufgaben an: zuerst das Amt eines Provinzvikars, später dasjenige eines Provinzials.

 

Als du zwanzig Jahre alt wurdest, hat in Rom das Zweite Vatikanische Konzil begonnen. Es war dies eine Zeit, da einige Veränderungen daskirchliche Leben geprägt haben. Woran magst du dich dabei gerne erinnern?

Für uns junge Kapuziner war damals zunächst die liturgische Entspannung sehr erfahrbar. Plötzlich waren die Regeln, die man genau beachten musste, nicht mehr wichtig. Wir begannen Hochgebete zu erfinden und bauten kreative Elemente in den Ablauf der Messe ein. Jedes Chorgebet wurde neu gestaltet. Es gab zehn Schemen, die als Grundlage dienten. In Solothurn übernahm jeder Bruder (wir waren eine recht grosse Gruppe) reihum die Gestaltung eines Gebetes und bereitete sich intensiv darauf vor.

Dieser liturgische Aufbruch war massiv!

 

Wie haben sich diese Veränderungen des Konzils für den Kapuziner Br. Ephrem im Alltaggezeigt?

Die Aufbruchsstimmung durch das Konzil brachte uns auch räumlich eine grössere Freiheit und damit auch einen neuen Lebensraum. Im Noviziat wie auch noch im Studium in Stans wurden wir Brüder sehr eng gehalten. Es brauchte z. B. einen wichtigen Grund, damit wirdas Kloster verlassen konnten.

Nach den Veränderungen durch das Konzil wurde anders gefragt. Steht einer Wanderung etwas entgegen oder nicht?

 

Hat sich diese Veränderung auch im Theologiestudium gezeigt?

In der Auslegung der Bibel, der Exegese, kam langsam die historisch-kritische Methode auf. In meiner dogmatischen Ausbildung hat der Thomismus, das heisst das Theologisieren im Sinne eines Thomas von Aquin, fast keine Rolle mehr gespielt. Die Brüder vor mir wurden noch voll auf diese Theologie eingefleischt. Unsere Vorlesungen waren in Deutsch. Bis kurz vorher wurden diese noch in Latein gehalten.

 

Hat sich in dieser Zeit auch eine Veränderung in der Arbeit der Kapuziner abgezeichnet?

Diese Änderung war schon viel früher geschehen, nicht erst nach dem Konzil. Die Seelsorge der Kapuziner hat sich im Vorfeld sehr diversifiziert. Von der Hausmission über die Arbeiterseelsorge, Bauernseelsorge, Gefängnisseelsorge, Spitalseelsorge, und so fort. Bruder Karl machte sogar Industrieseelsorge. Viel Neues war diesbezüglich für meine Generation gar nicht mehr möglich. Und unsere Schulen banden damals viele Arbeitskräfte. Neues konnte man gar nicht mehr erfinden. Aber die Methoden, die Herangehensweise an die Menschen konnten wir ändern.

 

Da ist viel Neues entstanden. Aber ist anderes auch auf der Strecke geblieben?

Die Betteleien. Während dem Studium ging ich noch mehrmals pro Jahr von Haus zu Haus auf Betteltour, um Gaben für das Kloster zu erbetteln. Kurze Zeit nach Beendigung meines Studiums war das vorbei. Die Kapuzinerbettelei verschwand innerhalb weniger Jahre. Diese Veränderung stellte sich ein vor allem aufgrund eines authentischeren Verständnisses der Ordensregel.

 

Haben alle diese Veränderungen dem Leben gedient?

(Zögert). Ja. Vielleicht ist diese Zeit mit einem Dammbruch zu vergleichen. Aus der Distanz von vierzig Jahren würde ich vermuten, dass wir einige dieser Veränderungen früher hätten kanalisieren müssen.

In der Pastoral hat jeder ausprobiert, was er für gut befand. Daraus entstand jedoch kein gemeinsamer Stil für die Kapuziner. Manchmal wären wir Brüder heute froh, etwas mehr gemeinsames Profil zu haben.

 

Die Veränderungen, die du vom Alltag, von der Theologie und von der Arbeit der Kapuziner erzählst, sind für mich bei den Kapuzinern heute noch erlebbar. Bei der Liturgie merke ich wenig davon. Da scheinen mir die Formen – vielleicht etwas anders gelagert als früher – auch wieder starr geworden zu sein. Warum nicht mehr Kreativität im Chorgebet?

Hm. (Lacht). Weil es anstrengend ist. Die damaligen Gestaltungsweisen haben viel Zeit in der Vorbereitung verschlungen. Das konnten wir uns damals leisten. Wir waren in Solothurn dreissig bis vierzig Studenten, die sich das Gebet untereinander aufteilen konnten. Wenn das Chorgebet gut verteilt war, hat es niemanden überfordert, eine Stunde für ein Gebet zu investieren. Hinzu kommt, dass man in jungen Jahren mehr Idealismus und Kreativität hat. Wenn man mit vielen älteren Menschen zusammenlebt, muss man schauen, dass man diese mit der Vielfalt nicht überfordert. Manchmal wären die betagten Brüder sogar offen für freiere Formen, finden sich aber in der Veränderung nicht mehr zurecht.

 

Und jetzt ab ins Heute? Welche Veränderungen stehen heute für die Kapuziner in der Schweiz an?

Zu berücksichtigen ist dabei zuerst, welche Gaben und Fähigkeiten die Brüder haben. Darauf aufbauend brauchen wir heute wieder ein deutliches und ein kommunizierbares Profil. Wir können nicht mehr jeden machen lassen, was er will. Deshalb haben wir für jedes unserer Klöster versucht, Schwerpunkte zu formulieren. Dabei zeigt es sich jedoch, dass es für die Gemeinschaften schwierig ist, diese auch zu realisieren.

 

Kannst du das an einigen Klöstern illustrieren?

Der Stil des Klosters zum Mitleben in Rapperswil gefällt mir nicht schlecht. Das Konzept Stadtseelsorge in Olten wurde nicht wirklich umgesetzt. Die Brüder arbeiten heute an diesem Ort klassisch in den Pfarreien mit, ohne wirklich etwas Neues zu entwickeln. Das Kloster in Luzern hat zwar viele Funktionen zu erfüllen, hat aber kein eigenes Profil gegen Aussen und gegen Innen entwickeln können. Das müsste verändert werden, damit neues Leben keimen könnte. Zum Überleben der Klöster braucht es eine feststellbare Identität!

 

Was müssen die Kapuziner der Schweiz künftig loslassen?

Die zu schweren Strukturen müssen weg. Es ist dies im Moment zwar noch schwierig, aber zu grosse Strukturen behindern unser Leben immer mehr. Es braucht mehr Beweglichkeit und Offenheit in unseren Reihen. Einen Konflikt sehe ich zwischen der Individualisierungstendenz, wie sie auch innerhalb des Ordens spürbar ist, und der Notwendigkeit eines kapuzinischen Solidaritätsgefühls innerhalb der Gemeinschaft. Ohne diese brüderliche Solidarität stirbt der Orden in der Schweiz.

 

Vor dreissig Jahren hast du erstmals als Regionalrat die Kapuzinerbrüder in Tansania besucht. Was musste sich in den letzten Jahren da ändern, damit das brüderliche Leben heute möglich ist.

In Tansania haben wir in den letzten 20 bis 30 Jahren radikale Veränderungen erlebt. Lange Zeit wurde die Mission fast ausschliesslich von ausländischen Missionaren getragen. Heute haben die einheimischen Brüder praktisch alle Verantwortung übernommen. Zwar gab es vor dreissig Jahren auch schon einheimische Mitbrüder – allerdings in geringer Zahl. Und es fehlte den einheimischen Brüdern ein afrikanisches Selbstwertgefühl. Deshalb haben sie verständlicherweise einfach die Europäer imitiert. Die tansanischen Brüder müssen heute lernen, eigene Akzente zu setzen und umzusetzen, um so lebensfähig und glaubwürdig zu werden.

 

Was heisst das im Verhältnis zur Schweizer Kapuzinerprovinz?

Den ersten Schritt hat die Schweizer Provinz getan: Sie hat die Verantwortung beinahe in allen Lebensbereichen den einheimischen Brüdern übergeben. Was noch aussteht, ist die finanzielle Unabhängigkeit. Bis jetzt ist diese Unabhängigkeit nicht gegeben. Der Schritt in die finanzielle Unabhängigkeit wird dadurch erschwert, dass die schweizerischen Brüder auch in Tansania Strukturen aufgebaut haben, welche ohne das Geld aus dem Norden nicht zu halten sind. Dennoch müssen die einheimischen Brüder auch in diesem Bereich langsam lernen, auf eigenen Füssen zu stehen, selbst auf das Risiko hin, dass einzelne Strukturen vereinfacht werden müssen. Mit etwas Geduld und Fantasie müsste das gelingen.

Interview: Adrian Müller

http://www.adrianm.ch

Dort, wo sich Mission abspielt, wird rasch klar: Der Heilige Geist begleitet jede christliche Gemeinde und er geht jedem seelsorglichen Wirken voraus. Dass Christus der erste Missionar ist, zeigt sich an den ihm verliehenen Gaben des Geistes. Es ist der Geist, der uns erschüttert, wenn wir meinen sollten, Mission sei unser Werk.

Mission wird deshalb zu einer verzehrenden Leidenschaft; sie ist keineswegs Antwort auf eine besondere Zuneigung Christi. Sie wirkt im Herzen eines jeden Menschen, wer immer er sei. Mission evangelisiert die Christen, öffnet ihnen die Augen und das Herz.

Mission bleibt Erfahrung

Am Ende eines Arbeitstages darf ich oft feststellen, dass die Menschen, denen ich begegnet bin, mich auf das Evangelium und auf den Sinn des Dienens hingewiesen haben. Es geht nicht darum, «für» jemanden etwas zu tun, sondern «mit» ihm zu sein. Das ist ganz nahe bei der inneren Erfahrung jener, die im Dienst für ein Werk stehen, das sie weit überschreitet, das sie zu sich selber und zum Sinn ihres Lebens führt.

Diese Einstellung des Dienenshinterlässt ihre Spuren in dem, was  wir Tag für Tag leben und erleben. Dazu brauchen wir keine besonderen Offenbarungen! Es braucht die Ausstrahlung einer Person und einer Gemeinschaft. Eine solche Erfahrung wird dazu bewegen, den zu erkennen, der in uns wohnt. Dasbedingt jedoch, dass wir uns unserer menschlichen und spirituellen Grenzen bewusst bleiben.

Wahrnehmung von aussen

Mir kommen Aussprüche und Reaktionen von Kindern und Jugendlichen in den Sinn, mit denen sie unser missionarisches Handeln kommentieren. Sie lassen uns immer wieder bewusst werden, wie oft Worte und Taten weit auseinander liegen. Aber wir können auch feststellen, dass die, die uns wahrnehmen, uns unsere Begrenzungenverzeihen. Vordringlich ist die Nähe zu den Kleinen, den Schwachen und zu denen, die aus sozialen oder religiösen Gründen nichts gelten. So war es ja auch schon in der Zeit Jesu.

Mission verwirklicht sich oft in geschichtlichen Kontexten, die sich von unserem europäischen Kontext stark unterscheiden. Es muss dann darum gehen, das Evangelium unter anderen Bedingungen zu leben. Jeder Missionar, jede Missionarin weiss darum. Das Evangelium ist nicht neutral, es manifestiert sich als Hefe, die das ganze Brot durchsäuert.

Ich bin überzeugt, dass Mission heute nicht anders verstanden werden kann denn als lebendige Bewegung des einzelnen Christen und der christlichen Gemeinschaft als ganzer. Für alle Ebenen gilt: Ohne Mission trocknet alles aus – und das wäre fatal.

Vom Evangelium geprägt

Man sagt gerne im Umfeld von Mission, dass die «Armen» uns evangelisiert haben. Sie haben uns mit ihrer Realität die Seligpreisungen entdecken lassen. Es geht nicht darum, an einer Lehre festzuhalten, es geht darum, aus der übernommenen Lehre sein Leben zu gestaltenund aufmerksam auf das zu hören, was der Heilige Geist uns eingibt, als Wegleitung zu persönlicher und gemeinschaftlicher Bekehrung.

Da lässt uns jeder Besuch bei einer anderen christlichen Gemeinschaft aufhorchen. Es ist wie bei der Heimsuchung Mariens. Es ist wie ein Gesang, der den Worten Mariens und ihrer Base Elisabeth nahe kommt. Die Eine und die Andere sagen sich wesentliche Worte, die aus der Tiefe ihrer Erfahrungen aufsteigen. Sie geben Zeugnis vom Unsichtbaren. Es ist nur das Herz,das gut sieht. Es ist wie bei  Liebenden, die gepackt sind von der Erfahrung, dass der eine für den anderen da ist. Man kann das verstehen, aber es ist nicht die psychologische Analyse, auf die es ankommt. Es kommt darauf an, im Herzen das Wirken Gottes zu erfahren.

Auf den Anderen hören

Auch wenn Mission ein geplantes Unternehmen ist, so ist sie doch kein Projekt, das wir an die Hand nehmen. Jeder Pastoralplan ist dann ein wertvoller Beitrag, wenn er aus gegenseitigem Respekt herauswächst. Manchmal nimmt der Plan Gottes allerdings auch ganz unvorhergesehene Wege.

Eine Erfahrung: Im letzten September besuchte ich Nicaragua. Unglücklicherweise stürzte ich. Ich musste das Programm, das Besuche bei verschiedenen christlichen Gemeinden vorsah, radikal auf den Kopf stellen. Eigentlich hätte ich in diesen Gemeinden etwas von der Wirksamkeit der Frohen Botschaft erfahren wollen.

Am Abend bei der Eucharistiefeier sagte der Bischof von Bluefields, ein amerikanischer Kapuziner, während der Predigt einen Satz, der mich getroffen hat: «Es ist der Plan Gottes, dass unser Gast seine Reise nicht fortsetzen kann».Normalerweise betrachtet man  einen Unfall als Pech, das nicht hätte eintreten müssen; es ist seltener, dass wir einen Unfall als Ereignis betrachten, das im Plan Gottes vorgesehen ist. Und ich darf sagen: Auf Grund meiner vollständigen Abhängigkeit im Gefolge meines Sturzes habe ich den Plan Gottes besser verstanden.

Göttliche Pädagogik

Der Plan Gottes ist nicht eine Sache des Augenblicks. Er verwirklicht sich in der Geschichte jener Menschen, die uns im Glauben vorangegangen sind. Es ist eine Geschichte, die nicht erst vorgesternbegonnen hat; Gottes  Geschichte setzt immer wieder neu an. Die ganze Bibel redet vom Unterwegssein, von der Wiederkehr vergleichbarer Situationen, von Hoch und Niedrig. Im Vordergrund steht immer wieder die Intimität Gottes mit den Seinen. Er lässt sie nicht im Stich. Er stellt sie auf die Probe, aber er gibt sie niemals auf. Das Ganze ist aber kein Machtspiel, das Gott mit uns treibt,  sondern die göttliche Pädagogik, mit der er uns begegnen will.

Wenn ich über Evangelisation nachdenke und über die missionarischen Vorgehensweisen früherer Zeiten, dann muss ich beide im kulturellen, religiösen und politischen Kontext der jeweiligen Zeit bedenken. Die Sache ist nicht einfach. Als die Spanier in der neuen Welt an Land gingen, hatten sie ein klares Konzept der  Eroberung der indianischen Gebiete.

Die Missionare fuhren mit auf den Schiffen der Eroberer. Sie haben nicht begriffen, welche Herausforderung die einheimische Bevölkerung für sie eigentlich war. Und doch gab es einige wenige, die es wagten, sich für die Würde der Einheimischen einzusetzen. Wir können nicht sagen, dass die Evangelisation wie eine Walze über die einheimischen Völker hinweg fuhr und alles, was ihr entgegenstand,zu Boden wälzte; es wäre aber auch falsch zu behaupten, alles hätte dem hohen Anspruch von Mission genügt.

Eine Aufgabe für Abenteurer

Mission ist ein Abenteuer; sie ist mit Risiken beladen. Wir müssen die Ungewissheit eingehen, denn die Geschichte des Heils ereignetsich gerade in diesen Risiken. Sperren wir uns nicht gegen einen Weg, der uns «vermenschlicht», weil wir von dem vergöttlicht werden, derWahrheit und  Leben ist. Wir erfahren diese Vermenschlichung und Vergöttlichung nur in kleinen Stücken.

Lassen wir uns deswegen nicht beirren! Schämen wir uns nicht Rechenschaft abzulegen von derHoffnung, die in uns wohnt! Es wird  uns dann immer mehr aufgehen, dass Mission sich als eindynamischer  Vorgang versteht, als ein Geben und Nehmen, als ein Teilen, bei dem Gott selber sich alsMitte der eigenen Geschichte zu erkennen gibt.

Religionsfreiheit

Es ist eine hochheilige Pflicht, die religiöse Freiheit eines jeden zu respektieren. Gott lässt sich auf Wegen entdecken, von denen wir nichts wissen. Diese Wege können uns aus der Fassung bringen. Jesusist  derjenige, der für die Verantwortlichen in seinem Volk, die sich auf ihre religiösen Gewissheiten berufen wollten, eine offene Frage blieb. Sie konnten nicht verstehen und deshalb auch den nicht annehmen, der in vollkommener Weise ein «Gott unter den Menschen, ein Gott auf unseren Wegen» ist.

In Bezug auf unseren Kontinent ist der neue vatikanische Rat für die Evangelisation, der von Papst Benedikt kürzlich eingesetzt wurde, getragen von diesem neuenVerständnis von Evangelisation. Wir werden uns bewusst,  dass Mission sich nicht nur zu den anderen wendet, die noch nicht Christen sind, sondern dass sie in erster Linie uns selber betrifft. Wo es lebendige Gemeinschaft gibt, wo der Geist weht, da gibt es Mission.

Bernard Maillard

Übersetzung: Thomas Morus Huber

Im ausgehenden 12. Jahrhundert gibt es neben den Benediktinern einige neuentstandene Reformorden: Zisterzienser, Prämonstratenser, verschiedene Kanoniker- und Eremitengemeinschaften. Trotzdem, Franz von Assisi will sich keiner dieser Ordensgemeinschaften anschliessen. Seine Art nach dem Evangelium zu leben braucht eine neue Gemeinschaftsform.

Nicht die Abwendung von der Welt, sondern die Zuwendung zu den Menschen ist sein Ziel. Nicht ein friedliches Leben in der Einsamkeit, sondern der Aufbruch zu den Menschen ist sein Ideal. 1209 erlaubt Innozenz III. den Brüdern die Laienpredigt. Nicht als ein theologischer Überflug, sondern als eine Ansprache, die das Leben im Licht der Evangelien überdenkt und gar verändern kann.

Ein gescheiterter Ordensgründer?

Nach der gescheiterten Kreuzfahrt von 1210 könnte man 1220 vom gescheiterten Orden, vom gestrandeten franziskanischen Ordensideal sprechen. Franziskus sieht sich in der Organisation seiner international wachsenden Bewegung überfordert. Am 22. September ordnet die Bulle «Cum secundum consilium» das Leben der Gemeinschaft und drängt das Leben nach dem Evangelium in den Hintergrund.

Am Herbstkapitel vom 29. September überträgt Franz von Assisidie Leitung des Ordens an Pietro Cattani, einen Juristen und Doktor beider Rechte. Nicht mehr das Meditieren der Bibel, sondern die Auslegung von Canones soll das Zusammenleben der franziskanischen Gemeinschaft regeln. Franziskus arrangiert sich mit der neuen Situation, sieht sich vor allem als spirituelles Beispiel und arbeitet selber an neuen Regelfassungen mit. Durch diese Veränderung driftet er nicht ins Offside, sondern er kann das künftige Leben seiner Brüdergemeinschaft mitgestalten.

Kurz vor seinem Sterben im Herbst 1226 schreibt Franziskus ein geistiches Testament. Dieses gibt Auskunft über viele Fragen des Heiligen und der Entwicklung seines Ordens. Darin tritt dem Lesenden jedoch kein geknickter oder gescheiterter Franziskus entgegen. Im  Gegenteil, es schreibt ein Mensch, der die Veränderungen in seinem Ideal in die Hände Gottes legen kann und so seine nachkommenden Geschwister segnet.

Stadtleben ist anders

Im 13. Jahrhundert gab es verschiedene Bettelorden. Die vier klassischen und wichtigsten sind: Dominikaner beziehungsweise Predigerorden, Augustinereremiten, Karmeliten, Franziskaner. Isnard Wilhelm Frank, ein deutscher Kirchengeschichtler, meint mit Blick auf die letzteren drei: «Die Anfangsgeschichte der einzelnen Orden hatte mit ihrer raschen Umformung zu erfolgreichen städtischen Bettelorden zunächst wenig zu tun.» Doch, was war passiert?

Im 12. und 13. Jahrhundert entstanden in Europa Städte. Damit verband sich im Mittelalter eine neue Lebensform, die sich in rechtlicher, politischer und wirtschaftlicher Hinsicht von der bisherigen Grundherrschaft unterschied. Es gab nun die autonome städtische Bürgschaft als Schwurverband und Selbstverwaltungskörper. Die neue Lebensform weckte kulturelle und religiöse Bedürfnisse, die durch die vorhandenen kirchlichen Institutionen und Personen nicht mehr erfüllt werden konnten und so zunächst zu einer religiös-seelsorgerlichen Krise führten.

Geografisch zeigte sich dies im deutschen Sprachraum insofern, dass die Pfarrstruktur gegeben war und die Stadtstruktur sich anders organisierte als es die bisherige Pfarrstrukutur vorgab. Es entstanden Städte ohne Kirchen und es blieben Pfarrkirchen auf dem Land ohne Menschen. Denn sie waren vor der Stadt auf dem Feld. Die bisherige Kirche war eine adelige und für die bürgerliche gab es keinen Platz.

Ja keine Nachahmung

Eine mögliche Antwort darauf konnte sein, dass die Bürger adelig werden wollten. Dies war wohl mit ein Grund, wieso Franziskus in seiner Jugend durch Feldzüge und mit grosszügiger finanzieller Unterstützung seines Vaters zum Adelstitel kommen wollte. Aber bald – und nicht nur bei Franziskus – entstand ein selbstbewusstes Bürgertum, das sich am Vermögen und nicht an Adelstiteln orientierte. Und durch die Verarmung des Adels konnte sich das Bürgertum auch langsam durchsetzen.

Damals wurde die asketisch-monastische Ordenstradition verändert, um dem neuen apostolisch-asketischen Ordensideal Platz zu machen. Nicht mehr der Wüstenvater, sondern der Wanderprediger wurde zum Ideal dieser neuen Bettelorden. Die neuen Stadtorden brauchten keinen Landbesitz mehr, damit sie überleben konnten. Ihr Einkommen generierten sie mit Betteln bei den Bürgern. Andererseits konnte die städtische Gesellschaft solche besitzlosen Klöster einfacher in ihr System integrieren als Besitzklöster, das heisst reiche und weltabgewandte Abteien der zumeist adligen Mönche.

Franziskusorden gibts viele

Betrachtet man anhand eines Lebensbaumes die Entwicklung der verschiedenen Franziskusorden – lassen wir zuerst einmal die Frauenorden beiseite – dann haben die Veränderungen der letzten achthundert Jahre immer wieder neues franziskanisches Leben bewirkt. Die «Schiffbrüche» haben Spuren hinterlassen. Es gibt nicht mehr nur einen Orden oder eine Gemeinschaft, die sich in ihrem Leben auf Franziskus und seinen Geist berufen, sondern unzählige. Um 1300 trennen sich beispielsweise die Observanten von den Konventualen. Zur Reformationszeit (16. Jh.) wüsste ich gar nicht, wo man mit den Neugründungen beginnen müsste. Hier im ite soll natürlich eine von diesen genannt werden: die Kapuziner, die als innerkatholische Erneuerungsbewegung im Folgenden den Schweizer Katholizismus mitgeprägt haben.

Das franziskanische Leben, das sich da über die Erde ausbreitete, hat nicht nur Gegenliebe gefunden. Vor allem Organisationen und Verwaltungen lieben etwas mehr Struktur. So wollte Papst Leo XIII. 1897 mit der leonischen Union wieder alle franziskanischen Männerorden in einer Organisation vereinen. Doch das gelang selbst dem Papst nur teilweise. Die Konventualen und die Kapuziner wehrten sich mit Erfolg. Die «Frati Minori Conventuali» und die «Frati Minori Cappuccini» wurden nicht in den Sammeltopf der «Frati Minori» hineingeworfen. Das franziskanische Leben blieb jedoch kreativ. Aus den oben genannten drei Männerorden wurde der sogenannte Erste franziskanische Orden. Die Klarissen wurden zum Zweiten Orden und die Franziskanische Laiengesellschaft, die Kapuzinerinnen, die Baldegger Schwestern, die Ingenbohlerschwestern, Menzingerschwestern usw. wurden zum Dritten Orden der weltweiten franziskanischen Familie. Und wer weiss, vielleicht gründet gerade jetzt jemand eine neue franziskanische  Lebensgemeinschaft mit veränderter Lebensweise.

Erneuerung ist gefragt

Im Gespräch mit älteren Kapuzinern fällt auf, dass sie oft von früher erzählen und dies mit einem anderen Heute vergleichen. Ihr Leben hat sich in den letzten sechzig Jahren vielfältig verändert – und einige meinen, dass es erheblich franziskanischer geworden ist. Die brüderliche Lebensweise wie auch das seelsorgerliche Tun hat ein anderes Gesicht bekommen. Angestossen wurden viele Erneuerungen durch die Veränderungen der Kirche und der Gesellschaft.

Die Kapuziner als Weltorden haben seit 1971 mehrere Plenarräte (Ordensversammlungen) durchgeführt, um über ihr heutiges Leben und Wirken nachzudenken. Im fünften Plenarrat in Garibaldi haben sie über «Unsere prophetische Präsenz in der Welt: Leben und apostolisches Wirken» nachgedacht. Die Frucht davon ist eine Art von fünf Säulen des kapuzinischen Lebens für die Gegenwart. Was der Plenarrat sehr theologisch und technisch formuliert hat, soll im Folgenden übertragen und verständlich, d. h. erneuert, formuliert werden:

  • Kapuzinisches Leben und Tun wird vom Gebet geprägt.
  • Die Gemeinschaft darf als Geschenk erfahren werden und soll bewusst gepflegt werden.
  • Kapuziner stellen sich auf die Seite der Menschen am Rand und leben mit ihnen.
  • Kapuziner arbeiten für das Reich Gottes.
  • Kapuziner machen sich für Gerechtigkeit, Frieden und Erfurcht vor der Schöpfung stark.

Adrian Müller

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jumi – Peace

Dienstag, 31. Mai 2022

Wir glauben an Frieden! Das ist unsere Hoffnung und dafür setzen wir uns ein!

jumi – zäme unterwägs

Freitag, 6. Mai 2022

In diesem jumi erzählen Pfadi, Jubla und die Minis, was Kinder bei ihnen machen können.

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Montag, 2. Mai 2022

Im ehemaligen Kapuzinerkloster ist immer was los …

Käfer und Wurm

Dienstag, 12. April 2022

Dieses jumi erzählt von Käfern, Würmen und anderen Kleinsttieren.

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Donnerstag, 20. Januar 2022

Dieses jumi schaut zusammen mit der Fastenaktion nach Laos, einem faszinierenden Land in Asien.