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Jugendarbeit als Schwerpunkt

Wer an Bolivien denkt, sieht vor sich hohe Berge, karge Hochebenen, mit hohem, trockenem Paja-Gras bewachsene Felder und Lamas. Man denkt an die Frauen mit ihren weiten, mehrschichtigen Röcken und dem typischen, keck aufgesetzten Bowler-Hut. Auch die alten Städte kommen einem in den Sinn: wie Sucre, La Paz und Potosí, die allesamt in der Bergzone liegen.

Es gibt aber auch ein ganz anderes Bolivien: jenes des Tieflandes. Der grösste Teil des über eine Million Quadratkilometer grossen Landes besteht aus tropischen Ebenen. Genau hier sollte das Missio-Team den ersten Eindruck von Bolivien gewinnen, das im Zentrum unserer Kampagne im Oktober stehen wird. So wollten es unsere bolivianischen Gastgeber.

Mission in alle Richtungen

In Santa Cruz – der «Hauptstadt des Tieflandes» – werden wir von Pfarrer José Suk Sang Hee abgeholt. Er ist Fidei-Donum-Priester und stammt aus Südkorea. Acht Jahre ist Padre José schon im Apostolischen Vikariat Ñuflo de Chavez tätig. Er spricht akzentfrei Spanisch und ist hier heimisch geworden. So umarmt er beispielsweise die Leute bei der Begrüssung, wie es hier üblich, aber in Südkorea nicht einmal vorstellbar ist.

Er fährt uns auf dem Weg in seine Pfarrei zuerst durch die weitläufigen Aussenquartiere der Millionenstadt; dann vorbei an den riesigen Felder der Grossfarmen, bis wir auf längst nicht mehr asphaltierten Wegen in eine bewaldete und weit grünere Landschaft kommen. Auf der mehrstündigen Fahrt erfahren wir ebenso viel über die Kirche in Südkorea wie über das Leben im Apostolischen Vikariat. So erstreckt sich unser Gespräch bald über viele Themen der Kirche auf drei Kontinenten: Weltkirche eben.

Schliesslich liegt San Antonio de Lomerío mit seinen rund 2000 Einwohnern vor uns. Der Ort macht an diesem Nachmittag einen eher verschlafenen Eindruck. Hie und da fährt jemand mit dem Motorrad durch die Strassen. Autos gibt es nur wenige. Um den grossen Platz – ein hohes, hölzernes Kreuz steht in der Mitte – ordnen sich die einheitlichen, bunt bemalten Häuser an. Der Baustil erinnert an die Häuser in den Jesuitenmissionen. Doch San Antonio war nie ein Teil davon. Im Gegenteil, denn hier – damals im Wald – siedelten sich Menschen an, die in den Haziendas der Weissen keinen Frondienst mehr leisten wollten. Bolivien hat diese Zeit noch nicht so lange überwunden. Die Grosseltern erinnern sich noch daran.

Option für die Jugend

Begrüsst werden wir in der Pfarrei von der Jugendorganisation «Infancia y Adolescencia Misionera/IAM». Paola hat dort die Leitung – sie ist gerade mal 15 Jahre alt – und macht das souverän. Etwa 50 Kinder und Jugendliche sind da. Es werden Tänze vorgeführt. Die Kinder machen Gruppenspiele. Es herrscht eine ausgelassene Stimmung. Padre José konnte seinen Geburtstag nicht verheimlichen und erhält eine grosse Geburtstagstorte. Diese muss er nach gut bolivianischer Manier und zur Freude aller anbeissen.

Der Jugend wird ein grosser Raum gegeben. Und auch der Pfarreiratspräsident Federico Parapaino ist anwesend. Mit dabei sind eine kolumbianische Ordensfrau und der junge Vikar, der erst vor wenigen Monaten aus Südkorea eingetroffen ist. Sie machen mit, stellen sich aber nicht in den Vordergrund.

Missio Bolivien hat bewusst einen Schwerpunkt auf den Aufbau dieser Jugendorganisation gesetzt. Die Koordinatorin von Missio Bolivien, Schwester Cilenia Rojas Arispe, erklärt uns: «Auch wenn die Jugendzeit nur ein Abschnitt des Lebens ist, verleihen uns die Jugendlichen viel Kraft für unsere Bemühungen. Das ist ein grosser Reichtum! Ich bin immer wieder überrascht, wie engagiert, begeistert und mit welchem Durchhaltewillen und welcher Grosszügigkeit sie dabei sind.» Sie geht sogar etwas weiter: «Die Jugendlichen haben mich in die Infancia Misionera eingeführt und mir gezeigt, was Missio ist.»

Die IAM in Bolivien ist gut strukturiert. Für jede Altersstufe gibt es Unterlagen für die Gestaltung der Gruppenstunden. Schon Kinder ab vier Jahren können in die Gruppe «trigo verde» – grünes Korn – eintreten. Später lernen sie immer mehr Verantwortung zu übernehmen, werden Leiterinnen oder Leiter. Einige wie Paola werden schliesslich zu Koordinatoren oder Koordinatorinnen. Wo die Jugendlichen einen Platz und eine Aufgabe erhalten, machen sie auch mit.

In den Ferien sind auch die ehemaligen Leiterinnen und Leiter da, die inzwischen an den Universitäten in Santa Cruz studieren. Das weiss Padre José genau, da er dann mit ihrer Hilfe Festivals, Weihnachtsspiele, Besuche bei den alten Menschen und Vieles andere verwirklichen kann.

Begeistert von Christus

Die Option für die Jugend, wie sie in der Pfarrei San Antonio gelebt wird, soll nicht darüber hinweg täuschen, dass auch die Kirche in Bolivien mit grossen Herausforderungen konfrontiert ist. Auch hier ist es schwierig, Freiwillige zu gewinnen. Es fehlen Katechetinnen und Katecheten und anderes gut ausgebildetes Personal. Jugendliche lassen sich nicht leicht ansprechen. Doch man versucht, sie ernst zu nehmen und ihnen Raum zu geben.

Gelingt das, geben die Jugendlichen den Pfarreien mit ihrer Begeisterungsfähigkeit neues Leben, das auch den Erwachsenen gut tut. Die Jugendlichen lassen sich in ihrer spontanen Art von Christus begeistern. Das gibt ihnen Kraft, sich für die Menschen zu engagieren. So standen sie Pate für das Leitthema des Missionsmonats im Oktober: «Begeistert von Christus, engagiert für die Menschen».

Martin Brunner-Artho