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Afrikanischer Weg zur Entscheidungsfindung

Die Organisation BELACD ist zuständig für caritative Hilfe und Entwicklungs-Projekte. Bei ihr darf auf keiner Ebene eine einzelne Person im Alleingang Entscheidungen treffen. Alle bringen auf der jeweils höheren Ebene ein, was gut und was weniger gut funktioniert hat. Dann sucht man gemeinsam nach besseren Lösungen. Dabei legt man Wert darauf, dass jeder in seiner Funktion ersetzbar bleibt.

„Stimme des Bauern“

An dieses Vorgehen hält man sich bei Radio „Stimme des Bauern“, einem Unternehmen von BELACD. Die Station ist der erste private Sender im Tschad, der auf kirchliche Initiative hin entstanden ist. Obwohl er ein Privatsender ist, will er Sache und Anliegen aller Hörer und Hörerinnen sein. Wie kann es dieser Radiostation gelingen, im Gespräch und im Austausch mit seiner Hörerschaft zu sein? Wir unterhielten uns darüber mit dem Direktor und seinen Mitarbeitern. Nicht Stimme für die Bauern will diese Radiostation sein, sondern Ort des Austausches mit den Bauern.

Keine Hütte für sich allein

Der Afrikaner ist überzeugt, dass es keinen Sinn macht, eine Hütte nur für sich allein zu bauen und darum herum eine Hecke zu errichten. Jeder braucht die anderen. Darum ist die Erarbeitung eines Grundkonzepts der Kommunikation für die Radiomacher unbedingt erforderlich. Nur so können Diskussionen und Austausch in einem Geist des Dialogs verwirklicht werden.

Welche Entwicklung?

In einem langen Entscheidungsprozess ist es gelungen, einen Fragebogen zu entwickeln, mit dessen Hilfe die grundlegenden Schritte zu einer Entwicklung auf dem bäuerlichen Sektor beurteilt werden können. Bei der Erarbeitung des Fragebogens hat das deutschen Hilfswerk „Misereor“ entscheidend mitgeholfen und auch eine erste Erprobung mitfinanziert. Das Ergebnis dieser Erprobung wurde dann wiederum der Basis zur Beurteilung vorgelegt, um sicher zu stellen, dass ihre Anliegen im Projekt aufgenommen sind. Danach gab es eine Generalversammlung, die das Projekt beschloss und die entsprechenden Aktivitäten in Gang setzte.

Welcher Brunnen

Seither wird kein einziger Brunnen mehr gegraben, weil einige Leute oder sogar ein ganzes Dorf darum bitten. Zuerst gibt es einen Austausch darüber, welche Voraussetzungen für das Graben eines Brunnens gegeben sind und welche Folgen der entsprechende Beschluss für die Bevölkerung hat. Man stellt Fragen wie: Wie viel Geld braucht es? Wie viel Zeit wird es brauchen das Geld zusammenzubringen? Welche Geldquellen kann man angehen? Was ist der Anteil der Frauen und der Männer am gemeinsamen Projekt? Welche Auswirkungen wird die Realisierung des Projekts auf das Zusammenleben der Betroffenen haben? Erst wenn diese Fragen geklärt sind, geht man daran, das Projekt zu verwirklichen, die Bohrmannschaft zu engagieren und den Brunnen auszumauern.

Glaube und Entwicklung

Zwischen der Landbauernbewegung, der Pfarrei vor Ort und der Kirche darf es zu keinem Gerangel um Kompetenzen kommen. Das jeweilige Projekt muss gleichermassen im Dienst der Entwicklung stehen und im Dienst der Frohen Botschaft. So ist ein Brunnen nie nur für den christlichen Teil der Bevölkerung bestimmt. Alle müssen davon profitieren können. Die ganze Bevölkerung wird in den Entscheidungsprozess einbezogen und redet mit. Es ist ganz entscheidend, dass die von aussen kommenden Helfer ernstnehmen, was die Menschen an der Basis leben und wollen.

Erfolgskontrolle

Eine regelmässige Kontrolle darüber, wie sich die getroffenen Entscheidungen auswirken, ist absolut notwendig. Mindestens einmal im Jahr kommen die Vertreter der Gemeinden an die Generalversammlung, wo sie sich über die unternommenen Projekt austauschen, diese überprüfen und allenfalls neue Entscheidungen treffen. Oft führt der Austausch zu wesentlichen Verbesserungen an den Projekten. Die gemeinsam übernommene Verantwortung trägt entscheidend dazu bei, alle Beteiligten zu einer verschworenen Gruppe zu schweissen, die wirklich den Belastungen und Schwierigkeiten in der Durchführung dieser Projekte standhält. Man sucht nicht die direkte Konfrontation, sondern gibt vielfältigste Hilfestellungen, die dem einzelnen ermöglichen, seinen Platz im Projekt zu finden und so dem Ganzen am besten zu dienen.

Geschwisterliche Korrektur

Die starke Struktur des gegenseitigen Aufeinanderhörens erlaubt es, den Überblick über die Projekte zu behalten und klar abschätzen zu können, was erreicht und was nicht erreicht wurde. Man geht nicht einfach planlos vor. Schritt für Schritt werden die Projekte vorwärtsentwickelt. Und die Dorfgemeinschaften selber werden sich in diesem Prozess ihrer selbst bewusst. Durch die Übernahme von Verantwortung werden sie immer tragfähiger. Wenn ein Mitarbeiter oder ein Dorfbewohner die Sache in eigener Regie managen will, merkt er bald, dass es so nicht geht. Dann ist rasch ein anderer zur Stelle, der ihn mit einem gezielten Spruch oder einem schnitzelbankähnlichen Song zur Ordnung ruft.

Bernard Maillard
Übersetzung: Thomas Morus Huber

 

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Tschad

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