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In den blutigen Kämpfen zwischen verfeindeten Sippen und Dörfern versucht die Baldegger Schwester Lorena Jenal zu vermitteln – oft mit überraschendem Erfolg.

Im Auto unterwegs traf ich eine Gruppe bewaffneter Krieger, die das nächtliche Dunkel abwarteten, um einen Angriff auf eine verfeindete Sippe durchzuführen. Als ich unter ihnen ein mir bekanntes Gesicht erkannte, stellte ich augenblicklich den Motor ab und ging zu Fuss auf den bekannten, mir befreundeten Mann zu.

Wie immer in solchen Fällen beschlich mich auch diesmal Unsicherheit und Angst. Für einen Rückzug war es bereits zu spät. «Wie geht es dir und deiner Familie?», redete ich den Mann an. Sein Gesicht verriet eine tiefe Not. Auch die von ihm heimlich weggewischte Träne blieb mir nicht verborgen. Anstelle einer Antwort brachte er zögernd die Frage über die Lippen, ob und wann er mich sprechen könnte.

Am andern Morgen stand er bereits vor meiner Türe. In mühsamem Ringen kam ein Gespräch in Gang. Dann begann er zu seufzen, zu stöhnen und beinahe schreiend bekannte er: «Ich habe getötet!». Nun löste sich die Zunge: «Gestern hast du dich nach meiner Familie erkundigt. Damit hast du mich zutiefst getroffen. Ich habe vier Familienväter blindlings niedergeschossen. Bitte hilf mir, meine Schuld zu sühnen. Hilf mir, Gottes barmherziges Verzeihen zu erfahren.»

Christliches Gewissen

Ein mühsamer Weg der Einsicht, ehrlichen Zugebens und der Reue wurde eingeschlagen. Vom Sippendenken her war die Tötung der Männer als Rache in Ordnung. Vom Christenglauben her war sie eine Todsünde.

Überlieferte Tradition und Christentum standen einander unversöhnbar gegenüber. Mein Freund hatte in der Taufe die anerzogene Tradition gewechselt und sich der Gewaltlosigkeit und Feindesliebe verpflichtet. Im Widerstreit der beiden Ordnungen überwog die Stimme des christlich geschärften Gewissens. Ihm gab er Raum und allem Risiko zum Trotz beschritt er den «neuen Weg».

Eine Zeit intensiven Betens und Werke der Caritas bereiteten eine Versöhnung vor. Sie fand am Sonntagmorgen im Gottesdienst der Pfarrei statt. Unmittelbar vor Beginn der Feier bat der Mann seine Frau, ihn an den Händen zu fesseln und ihm die Augen zu verbinden.

Gefesselt und blind

Als ein Gefesselter und Blinder wollte er zum Kyrie in die Kirche einziehen. Es war kein Rollenspiel, sondern ein von tiefem Ernst geprägtes Ritual. Die Versammlung der Gläubigen war sichtlich betroffen von dieser öffentlichen Beichte und ihrer rührenden Ehrlichkeit

Als der Priester ihm die Fesseln löste und ihn durch die Lossprechung von seiner inneren Schuld befreite, wurden die mit Gott und den Menschen vollzogene Versöhnung und der damit verbundene Frieden im Raume spürbar.

Diese Versöhnungsfeier war der Anfang für das Wehen eines neuen Windes: der Versuch, Lösungen aus den Engpässen von Hass und Feindschaft zu finden. Ganze Gruppen von Männern fanden den Mut, die Sippentradition zu verlassen und den Weg des Friedens zu betreten.

Lorena Jenal

 

Unsere Autorin

Mutige Friedensstifterin

WLu. Die Baldegger Schwester Lorena Jenal aus dem Bündner Dorf Samnaun hat in Papua-Neuguinea eine lange Erfahrung als Friedensstifterin. Unermüdlich versuchte sie viele Jahre, zwischen den verfeindeten Dörfern zu vermitteln. Obwohl sie sich um Neutralität bemühte, war sie ihres Lebens nicht mehr sicher. Sie musste 2002 in die Schweiz zurückkehren. Als die Situation etwas ruhiger wurde, nahm sie 2005 ihre Arbeit in Papua-Neuguinea wieder auf.

 

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Papua-Neuginea

ite 2007/4

Aus dem Editorial
Wir alle sind Kirche
Ein Krieger bekehrt sich