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Anfang März nahm ich am Kapitel (Generalversammlung) der Kapuziner in Tansania teil. Für eine Amtszeit von drei Jahren wurden die Verantwortlichen gewählt (Provinzial und Provinzrat). Zum ersten Mal sind alle Gewählten einheimische, tansanische Kapuziner.

Vor zwölf Jahren wurde Br. Beatus Kinyaiya, heute Bischof von Mbulu, als erster Tansanier zum Provinzvorsteher gewählt, jetzt sind alle Mitglieder des Provinzrates Einheimische. Dies war ein entscheidender Schritt in Richtung Selbstverantwortung der einheimischen Brüder. Interessant war für mich, dass zwar ein «Missionar» (ein Schweizer Kapuziner) bei den Wahlen immer wieder gut «im Rennen» lag, das Kapitel sich aber doch für die definitive Wachablösung entschied und damit die ganze Leitungsverantwortung in einheimische Hände legte.

Nicht alle können loslassen

Im Februar 2009 war ich bei einer ähnlichen Versammlung der Kapuziner in Kenia dabei. Dort wurde zum ersten Mal ein einheimischer Kapuziner zum Ordensobern gewählt. Obwohl fähige, junge kenianische Mitbrüder zur Verfügung standen, wurde trotzdem ein «Missionar» (ein maltesischer Kapuziner) in den Rat gewählt.

Das war für mich überraschend, denn ich hatte die jungen kenianischen Kapuziner als recht selbst- bewusste Menschen kennen gelernt, bereit, Eigenverantwortung zu übernehmen. Woher der Unterschied? Vorerst wohl aus der Geschichte. Die Kapuziner in Tansania wirken schon seit 1921 im Land, in Kenia erst seit 1974.

Völker unterscheiden sich

Und doch erklärt dies noch nicht wirklich den unterschiedlichen Ausgang der Wahlen. Nicht nur die Geschichte, auch der Volkscharakter scheint eine Rolle zu spielen. In Tansania ist das Vertrauen unter den verschiedenen Volksgruppen grösser als in Kenia – oder sollte ich sagen, das Misstrauen ist kleiner?

Es darf nicht überraschen, dass unterschiedliche Charaktere auch in der «Volksseele» der Kapuziner eine Rolle spielen. Auch wenn natürlich gerade die Kapuziner in Kenia als franziskanische Menschen am Abbau dieses Misstrauens Pionierarbeit leisten. Dies zeigt sich unter anderem auch durch die von den Kapuzinern initiierte Damietta-Initiative, die Friedensarbeit und Konfliktprävention an der Basis zum Ziele hat.

Wer wird Bischof?

Eine andere Tatsache kann die unterschiedliche Entwicklung noch verdeutlichen. Bis vor kurzem gab es in Kenia zwei Kapuzinerbischöfe. Beide waren «Missionare» aus Malta. Und es besteht die Aus- sicht, dass der Nachfolger des im September 2010 verstorbenen Bischofs von Malindi wieder ein Malteser-Kapuziner sein wird.

Auch in Tansania gibt es zwei Kapuzinerbischöfe. Beide sind Tansanier und beide hatten schon Führungsaufgaben im Orden inne. Auch dieser Unterschied lässt sich verschieden interpretieren. Ist man in der Kirche in Kenia vorurteilsfrei- er gegenüber nicht einheimischen Verantwortlichen als in Tansania? Oder trauen sich die Menschen in Tansania mehr Eigenverantwortung zu? Ich wage die Fragen nicht zu beantworten.

Etwas Wahres mag in beiden Ansichten stecken. Und trotzdem überrascht mich diese Tatsache. In Kenia habe ich die Menschen, auch die Kapuziner, als weltgewandter, «moderner» erlebt als in Tansania. Kenianer und Kenianerinnen sind risikofreudiger, unternehmungs- lustiger als die bedächtigeren Menschen in Tansania. Wenn es sich um die Übernahme von wichtigen Führungsaufgaben in der Kirche handelt, ist Tansania trotzdem im Vorsprung.

Aufbruch in die Missionen

Kapuziner in Ostafrika nehmen zahlenmässig zu. In Kenia sind es heute 65, in Tansania knapp über 200. In beiden Ländern hat man sich entschlossen, Aufgaben auch ausserhalb der angestandenen Gebiete zu übernehmen. Die Provinz Tansania hat vor einem Jahr vier tüchtige, junge Mitbrüder nach Südafrika ausgesandt, um in einem schwierigen Gebiet Evangelisierungsarbeit zu leisten. Ein Schritt über die eigenen Landesgrenzen hinaus, ein Schritt auch ins Ungewisse, da viel Neues und Unerwartetes auf sie zukommt.

Die Mitbrüder in Kenia übernahmen vor kurzem neue Arbeitsgebiete. Für sie sind es aber eher Orte, die ihnen doch recht vertraut sind. Im Übernehmen von neuen Missionsgebieten sind die tansanischen Mitbrüder risikofreudiger.

Kenia war eine Herausforderung

Im Falle von Kenia spielen schmerzliche Erfahrungen in der Vergangenheit eine Rolle. Die ersten Kapuziner, die in Kenia ankamen, übernahmen eine sehr schwierige Mission. Ihnen wurde die North Eastern-Province als Arbeitsgebiet übertragen. Dabei handelt es sich um ein Gebiet, das grossmehrheitlich von somalistämmigen, muslimischen Menschen be- wohnt ist.

Die kirchlich-missionarische Aufgabe in Kenia war und ist bis heute eine zweifache. Erstens geht es um die seelsorgliche Arbeit im Dienste der kleinen christlichen Minderheit. Es sind vor allem Staatsange- stellte wie Lehrer, Verwaltungsbe- amte, Angehörige der Polizei und der Armee und deren Familien. Der zweite Bereich ist das Zeugnis und die Arbeit unter und mit der mehrheitlich muslimischen Bevölkerung, vor allem in den Bereichen Schule und Gesundheitswesen.

Eine Kirche in der Diaspora

Während Notzeiten, wie Dürre und Überschwemmungen, leistet die Kirche immer wieder Hilfe an vorderster Front. Die Hilfe wird auch von der muslimischen Bevölkerung dankbar angenommen. Und trotzdem ist die Situation schwierig und gefährlich. Drei Beispiele:

• Ich war mehrmals in Garissa, dem Bischofssitz und Hauptort der Nordost-Provinz. Nie habe ich dort an einem Sonntagsgottes- dienst teilgenommen, während dem nicht Steine auf das grosse mit Wellblechen gedeckte Kirchendach geschleudert wurden. Muslimische Jugendliche – offensichtlich mit dem Einverständnis oder gar auf Anstiftung der Quartierverantwortlichen – wollen damit immer wieder sagen: wir wollen euch Christen nicht, ihr habt bei uns nichts verloren.

• Vor ein paar Jahren wurden zwei italienische Ordensschwestern, die in Mandera, einer kleinen Stadt an der Grenze zu Somali, entführt, offensichtlich von einer Rebellengruppe. Erst nach monatelangen Verhandlungen wurden sie frei- gelassen. Die wenigen anderen Ordensleute, die dort lebten und wirkten, mussten die Gegend verlassen. Die lokalen Polizeikräfte konnten ihre Sicherheit nicht mehr garantieren.

• Es herrschte in den 90er-Jahren wieder einmal eine gespannte Lage im Land. Muslimische Führer beklagten sich, dass christliche Prediger ihre Religion beleidigt hätten. Eine solche Falschmeldung aus einer anderen Landesgegend erreichte auch die muslimische Gemeinde in Wajir, in Nordost- Kenia, wo die Kapuziner seit Jahren tätig sind. Fast wie aus heiterem Himmel wurde die katholische Missionsstation angegriffen, Pfarreiräumlichkeiten verwüstet, die Kirche aufgebrochen, eine Marienstatue zertrümmert, dem Gekreuzigten über dem Altar die Arme ab- geschlagen, Bilder geschändet. Nur die grosse, aus Holz geschnitzte Statue des heiligen Josef über- stand den Ansturm fast heil. Die Mitbrüder selber kamen nicht zu Schaden, da sie zur fraglichen Zeit andernorts an einer Versammlung teilnahmen.

Zusammenleben in Tansania

In Tansania machten die Kapuziner kaum solche Erfahrungen. Es gab auch Überfälle, selbst mit tödlichem Ausgang. Dabei handelte es sich um vereinzelte Übergriffe gewalttätiger Einbrecher, nicht um politisch oder religiös motivierte Menschen, die sogar mit der Unterstützung oder doch dem still- schweigenden Einverständnis der Verantwortlichen handeln konnten.

Situationen, wie sie im nordöstlichen Teil von Kenia bis heute vorherrschen, gibt es in Tansania

kaum. Selbst im fast ganz muslimischen Sansibar, wo allerdings keine Kapuziner tätig sind, müssen Christen nicht mit Feindseligkeit rechnen, wie es in Teilen Kenias der Fall ist.

Isidor Peterhans

Lieber David K. Mbugua, du forscht als Theologe über politische Korruption. Was verstehst du darunter?

Mit Korruption bezeichne ich jedes menschliche Handeln, das nicht zur Integrität einer menschlichen Person führt. Die Korruption ist eines der grössten Probleme, die wir bei uns in Kenia kennen. Meine Untersuchungen zeigen, dass die Korruption eine der grössten Herausforderungen ist für unsere Gesellschaft.

 

Lässt sich korruptes Verhalten an bestimmten Menschen oder sogar Menschengruppen festmachen?

Korruption ist bei uns in der Bevölkerung weit verbreitet. Man kann nicht sagen, dass nur eine spezielle Menschengruppe korrupt ist. Korruption betrifft die ganze Gesellschaft, besonders jedoch die Polizei und die Verwaltung.

 

Wie steht es mit der Korruption in der Kirche?

Leider handelt manchmal auch die Kirche korrupt. Dies vor allem dann, wenn sie mit Amtsstellen zusammenarbeitet. In solchen Situationen braucht es die kleinen Geschenke, damit man an sein Ziel kommt.

 

Ist die Korruption in Kenia im Wandel begriffen? Kann man sagen, sie vermindere sich?

Nein, das kann man leider nicht feststellen. Aber man wird sich in der Gesellschaft mehr und mehr bewusst, dass Korruption Entwicklung verhindert und ein echtes Problem ist. Denn früher wurde schon gar nicht über Korruption diskutiert. Sie gehörte einfach dazu. Heute kann man öffentlich darüber sprechen, ohne dadurch benachteiligt und geschnitten zu werden.

 

David K. Mbugua, hast du selber schon Korruption erlebt?

Ja, das habe ich. Darum wollte ich auch darüber forschen. Als ich ein- mal mit dem Auto unterwegs war, wurde ich von Polizisten angehalten. Sie nahmen mir den Führerausweis weg und sagten: «Den bekommst du erst wieder, wenn wir Geld sehen.» Es war hart, nein zu sagen und nichts zu geben. Sie brachten mich auf die Polizeistation und verhörten mich. Zum Glück hat sich ein älterer Polizist meiner erbarmt und ich konnte wieder gehen.

 

Wie viel Geld hätten sie von dir gewollt, damit du unbehelligt hättest weiterfahren können?

Normalerweise musst du in einer solchen Situation 1000 Schilling bezahlen. Das sind um die zehn Schweizer Franken. Oder anders gesagt: Für 1000 Schilling muss ein normaler Mensch in Kenia zehn Tage arbeiten.

 

Was müsste man in Kenia tun, dass die Korruption verschwinden würde?

Oh, das ist eine sehr grosse Aufgabe. Es gibt mehrere Lösungsansätze, um das Problem in den Griff zu bekommen. In meinen Studien unterscheide ich zwischen kurzfristigen und langfristigen Handlungsansätzen. Kurzfristig müssen die Polizisten besser ausgebildet und

überzeugt werden, dass sie sich selber an der Korruption nicht beteiligen und diese auch ahnden. Die Kirche müsste sehr klar, deutlicher als bisher, Stellung beziehen und Korruption entschieden verurteilen.

 

Und was kann man langfristig dagegen unternehmen?

Man muss die moralische Entwicklung der Menschen, des Volkes entwickeln. Die Menschen müssen verstehen lernen, dass Korruption eine Sünde, ein falsches Handeln ist und der Integrität des Menschen widerspricht.

 

Wenn ich nun neben Kenia auch Tansania in Betracht ziehe, dann wurde mir auch da oft von Korruption erzählt. Ist Korruption also ein Problem von ganz Ostafrika?

Korruption ist nicht nur ein Problem von Ostafrika, sondern ein Übel von ganz Afrika. Deshalb sind und bleiben viele Länder so arm und auf der Strecke.

 

Inwieweit beteiligen sich Europa oder Menschen aus der Schweiz an der Korruption?

Wenn Firmen oder Leute aus Europa in Afrika investieren oder Fabriken bauen, dann müssen auch sie Schmiergelder bezahlen. Und das tun sie leider auch. Sie treffen auf ein korruptes System und müssen sich darin entsprechend verhalten, wenn sie Erfolg haben wollen.

 

Das tönt jedoch ziemlich hoffnungslos und macht Änderungen des Systems kaum möglich?

Nicht ganz. Denn vor allem Amerika und der Internationale Währungsfonds verurteilen die Korruption sehr und machen ihren Einfluss geltend. Auch haben internationale Institutionen viel über Korruption geforscht und können so gezielt auf Änderungen hinarbeiten.

 

Gibt es eine spezifisch europäische Korruption, die sich in Afrika feststellen lässt?

Nein, Korruption ist Korruption. Da kann ich nicht unterscheiden. Korruption ist ein weltweites Problem. Europa beteiligt sich an der Korruption in Afrika. Und vor allem Italien ist dabei ein Negativbeispiel. Vielleicht kann man zu Europa sagen, dass dort nicht unbedingt politische Korruption im Vordergrund steht, sondern eher die moralische Korruption.

 

Moralische Korruption?

Ja, dieses Thema ist sehr wichtig! Denn jede materielle und politische Korruption baut auf der moralischen Korruption auf. Darum gehört die Korruption zu den moraltheologischen Fragestellungen. Moralisch korrupte Menschen leben nicht integer. Ihr Handeln baut nicht auf dem Naturrecht auf, oder es widerspricht der kirchlichen Lehre.

 

Wie sind die moralische und politische Korruption zu unterscheiden?

Moralische Korruption betrifft ein Individuum und sein individuelles Verhalten. Politische Korruption prägt ein korruptes System aus und muss deshalb auch als System wahrgenommen und verändert werden. Hier muss ein einzelner Nachteile bis hin zu Gefahr auf sich nehmen, wenn er aus dem korrupten Handeln aussteigen will. Manchmal wird die Korruption gar nicht mehr als solche wahrgenommen. Es ist ja höchstens ein Kavaliersdelikt, die Steuern zu hinterziehen, Schmiergelder zu nehmen.

 

Wie reagieren die Studierenden auf deinen Unterricht, auf deine Resultate?

Sie sind sehr interessiert an der Auseinandersetzung. Denn wir alle wissen, wenn sich Kenia wirklich entwickeln will, dann muss die Korruption überwunden oder mindestens sehr minimiert werden.

 

Und welches wäre darin die Aufgabe der Schweiz?

Einerseits sollten sich die Schweizer natürlich selber von der Korruption fernhalten. Andererseits und noch wichtiger wäre es, korruptes Verhalten nicht zu übersehen, sondern es hartnäckig zu thematisieren und so Verfechter von integerem und ehrlichem Verhalten zu werden.

 

Interview: Adrian Müller http://www.adrianm.ch

 

 


 

 

Die Antikorruptionsorganisation Transparency International hat am 26. Oktober 2010 ihren Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) veröffentlicht. Der CPI misst den Grad der im öffentlichen Sektor – bei Beamten und Politikern – wahrgenommenen Korruption. Es handelt sich um einen zusammengesetzten Index, der sich auf verschiedene Experten- und Managerumfragen stützt.

Der Index geht von 0 (Korruption extrem verbreitet) bis 10 (frei von Korruption). Mit 8.7 ist die Schweiz hinter Australien auf Platz 8. Mit 9.3 gibt es in Dänemark, Neuseeland und Singapur am wenigsten Korruption. Mit 2.1 liegt Kenia auf Rang 154 von 178 Ländern. Tansania ist mit 2.7 auf Rang 116. Vgl. http://www.transparency.de.

Ein lang gehegter Traum wird Wirklichkeit: ich fliege nach Tansania! Spätabends Ankunft in Arusha. Viele schwarze Gesichter, begrüssend mit «Karibu», was so viel wie willkommen bedeutet. Momente der Unsicherheit, mein Blick suchend, niemand scheint mich zu verstehen. Swahili ist die Amtssprache, die hier gesprochen wird.

Plötzlich spricht mich ein junger, netter Mann auf Englisch an und fragt mich nach meinem Namen. Er bringt mich in eine nahe gelegene Unterkunft. Frühmorgens bringt mich ein Taxi in das vier Stunden entfernte abgelegene Dorf Rhotia. Dort wird mit viel Einsatz von zwei Schweizer Baldegger Schwestern ein einfaches Spital geführt, das vor rund 25 Jahren im Umfeld einer Missionsstation entstanden ist.

Spitalalltag in Rhotia

Betreut werden im Spital Patienten jeden Alters und Geschlechts. Als Diagnose trifft man oft Bauch- schmerzen, Lungenentzündungen, Malaria oder Aids an. Es gibt keine bildgebenden Verfahren wie Computertomographie oder konventionelles Röntgen. Einfache Blutbestimmungen und Stuhlproben

sind vor Ort möglich. Oft werden Diagnosen auch erfahrungsgemäss oder intuitiv gestellt.

Eine Nacht kostet 700 Schilling, ca. 50 Rappen. Allgemeine Konsultationen durch den Arzt sind gratis, Medikamente werden separat verrechnet. Können beim Austritt die Kosten nicht bezahlt werden, so wird das Handy oder gegebenenfalls das Fahrrad als Depot hinterlegt, bis das zu bezahlende Geld vorhanden ist.

Mehrheitlich betreuen Angehörige ihre Familienmitglieder selber und bereiten jeweils die Mahlzeiten auf offenem Feuer. Maismehl (ugali) mit Wasser aufbereitet gehört zu den Grundnahrungsmitteln wie auch Reis (wali) oder Kochbanane (ndizi). Gegessen wird mit der rechten Hand oder mit dem Löffel. Wasser und Seife zum Händewaschen stehen vor jedem Zimmer bereit.

Ein vielfältiges Tätigkeitsfeld

Neben der medizinischen Versorgung helfen die Schwestern, auch die dörfliche Infrastruktur zu ver- bessern, beispielsweise die Wasserversorgung, oder sie leisten Unterstützung in vielen Notlagen. Ein grosser Teil der Arbeiten sind nur dank der grosszügigen Unterstützung von Verwandten, Freunden, Besuchern und Leuten aus der ganzen Welt möglich.

Die ursprüngliche Idee, meinen erlernten Beruf als Kinderkrankenschwester hier auszuführen und so die Pflegenden in ihrem Tun zu unterstützen, wurde aufgrund der sprachlichen Barrieren sehr schwierig. 127 verschiedene Sprachen werden in Tansania gesprochen, 90 Prozent sprechen Bantusprachen, Swahili ist die Nationalsprache für offizielle Angelegenheiten. So muss ich mich vor Ort neu orientieren.

Ich helfe, bzw. unterstütze die Haushaltshilfen und helfe mit, wo es möglich ist. Durch das Mädchen Pasqualina lerne ich schnell ein paar Wörter Swahili. Ich kann mich nach kurzer Zeit mit ihr wie auch ihren Kindern verständigen.

Der Gottesdienst fasziniert

Morgens um 6 Uhr, der Hahn kräht, der Hund bellt, das Dorf erwacht, mein Tag beginnt. Ich bereite das Frühstück zu – natürlich nicht ganz nach tansanischer Art. Die Schwestern mögen das selbst gebackene Brot mit Butter und Konfitüre. Durch all die Jahre haben sie ihre Hausmädchen in die Kochkultur der Schweizergerichte eingeführt.

Bevor es ans Essen geht, suchen wir gemeinsam, also Sr. Blasia, Sr. Verona wie auch ich die nur einige Meter entfernte Kirche auf. Den Worten des Priesters kann ich nicht folgen. Ich verstehe den Kontext der Lesung und Predigt nicht. Trotzdem faszinierte es mich, täglich eine halbe Stunde den Worten des Kapuziners zu horchen.

Der Gottesdienst stärkt

Der Gottesdienst bedeutet für mich keinen Zwang, keine ethische Frage – bin ich schlechter, wenn … Die Gemeinschaft, die Stille und das Zusammensein bringen so etwas wie ein wohliges, gutes und stärkendes Gefühl mit sich. Sonntags dauerte der Gottesdienst gar zwei bis drei Stunden. Die Kirche ist zweimal gefüllt. Jeder Platz, bis auf den letzten, ist besetzt. Die Gemeinschaft des Dorfes trifft sich in der Kirche. Sich sehen, begrüssen, austauschen, gemeinsam Dank wie auch die Bitten vor Gott tragen bedeutet vielmehr, als nur äusserlich ein «Vater unser» herunterzuleiern.

Ein Keyboard begleitet mit lautem Bass den Gesang und den Tanz der versammelten Gemeinschaft. Für die Opfergabe bewegt sich je- der zum Geldstock, der vorne beim Altar steht. Es werden auch Naturalien, z.B. Lebensmittel, geopfert.

Ich denke oft darüber nach: Weshalb wird bei uns die Kirche sehr viel weniger von jungen Leuten aufgesucht? Halten wir es, aufgrund unseres allgegenwärtigen und selbstverständlichen Wohlstandes nicht mehr für nötig? Welche Gründe sprechen dafür oder dagegen, die Kirche sonntags aufzusuchen? Ist die Art und Weise der Predigt wichtig oder welcher Priester die Eucharistie feiert? Lebe ich besser oder schlechter, wenn ich den Gottesdienst aufsuche? So habe ich mich mit sehr vielen Fragen diesbezüglich auseinandergesetzt und für mich persönlich auch eine Antwort gefunden.

Bildung schafft Zukunft

Was mich ebenfalls sehr beeindruckt, ist die Bildung der tansanischen Einwohner. Die Sekundar- schule zu besuchen bedeutet, bessere Aussichten für das weitere Geschehen zu haben. Nur scheint mir das afrikanische Denken weniger zielgerichtet zu sein als unser Tun und Handeln. Die meisten Tansanier schaffen sich keine Vorsorge, höchstens eine geringe Notvorsorge von Geld und Nahrungsmitteln.

In der Regenzeit gibt es genügend Nahrung. Darum ist in dieser Zeit auch Bezahlbares vorhanden. So wird ebenfalls mehr gegessen und verbraucht. Sparen für bevor- stehende Angelegenheiten wie Bildung der Kinder ist den meisten Menschen in Rhotia fremd. Entweder reicht es oder man sucht nach einem Spender oder lässt es sein.

 

Geld verdienen

Eine der grössten Einnahmequellen Tansanias ist der Tourismus. Wer im Gastgewerbe arbeiten darf, hat gute Aussichten auf zusätzliches Trinkgeld. Auf dem Land bietet bei Regen der Ackerbau eine gute und sichere Einnahmequelle. Diese ist für den Eigenverbrauch wie auch für den Verkauf im eigenen Dorf sehr wertvoll.

Für eine akademische Ausbildung in den entfernten Städten Arusha, Moshi oder Dar es Salaam bedarf man entweder eines guten finanziellen Polsters oder Verwandter, Bekannter aus fernen Ländern, die die jeweiligen Familien unterstützen können.

Ein kritischer Blick zurück

Ich habe gute Kontakte mit Tansaniern geschlossen und so sehr viel über ihr Denken und Leben gelernt. Fragt sich nun, was bringt ein kurz- zeitiger humanitärer Einsatz wirklich? Wie in diesem Erfahrungs- bericht schon aufgezeigt, stelle ich fest, dass afrikanisches Denken und europäisches Denken sehr unterschiedlich sind. Auch gibt es von der Struktur des Landes her gesehen keine Möglichkeit, unseren Lebensstil nach Tansania zu exportieren. Meiner Meinung nach hat ein Projekt Bestand, solange es durch europäische Leute gestützt und geführt wird.

Versuchsweise werden Tansanier ausgewählt, geschult und instruiert, das über Jahre mit Müh und Tatkraft Aufgebaute weiter zu führen. Wie ich von einer Lehrkraft, die schon viele Jahre in Arusha an der Universität arbeitet, erfahren habe, soll das Übergeben von Werken ein Ding der Unmöglichkeit sein.

Sinnvolle Aufbauarbeit

Ist Entwicklungszusammenarbeit ein Lebensprojekt, wofür ich mein Leben in der Schweiz aufgebe und ich mich voll und ganz auf die Aufgabe im Busch konzentriere? Sie kann wie bei den beiden Baldegger Schwestern über Jahre, gar über ihre Lebzeit hinaus, Früchte tragen. Die Dorfbewohner sind ihnen sehr dankbar für ihr Tun, schätzen sie menschlich, grüssen und würdigen sie speziell, bringen ihnen Wärme und Wohlwollen entgegen.

Monika Mock


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