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– Diakonie wird Aufgabe der Gesellschaft
– Herausforderung Spitalseelsorge
– Was tut eine demente Frau auf der Autobahn ohne Adresse, Telefon
– Da führte einer Menschen vom Unheil zum Heil
– Begeistertes Leben heisst auch den Tod willkommen
– Den anderen helfen immer und immer wieder
– Der weisse Stock und das Tandem begleiten ihn stets
Missio
– Weltmissionssonntag: Eine grossartige Aktion
– Malawi: «Das warme Herz Afrikas»
– Seelsorge mit Hand und Fuss
Kaleidoskop
– Nekrolog Meinhard Inauen
– Provinzkapitel der Schweizer Kapuziner
– Borneo: Pfarrei mit erfolgreichen Schulen
– «schiefe Fragen» – Interview mit Michaela Zurfluh

Behelfsmässige Gestelle werden herbeigetragen und grosse Blätter mit Zeichnungen und Zahlen daran aufgehängt. Auf einem ist von Hand eine Weltkarte gemalt, die mit Farben die Verbreitung des Christentums veranschaulicht. Ein anderes Blatt zeigt Christus mit weit ausgebreiteten Armen.

Aus der Kirche nebenan dringt Gesang. Der erste Gottesdienst ist bald zu Ende. Schnell noch breiten junge Schwestern Schriften und Photographien ihrer Gemeinschaft auf einem Tisch aus. Seminaristen einer kanadischen Missionsgesellschaft hängen ein buntes Tuch zwischen zwei Bäume, auf dem sie mit Papierbuchstaben für alle gut lesbar ein Zitat aus der Bibel geschrieben haben: «Go, therefore, and make disciples of all nations/ Geht zu allen Völkern und macht die Menschen zu meinen Jüngern (Mit 28,19).» Es ist Weltmissionssonntag in der Pfarrei Our Lady of Guadalupe in Nairobi.

Einzigartige Solidaritätsaktion

Aber nicht nur in Nairobi, in nahezu allen Pfarreien rund um den Globus wird der zweitletzte Sonntag im Oktober in besonderer Weise gefeiert. Es ist ein Sonntag der Verbundenheit unter den Katholikinnen und Katholiken weltweit. Seit bald hundert Jahren gehört auch eine gemeinsame Kollekte dazu – weltweit. 2012 wurde sie in nicht weniger als 128 Ländern aufgenommen. Das Geld fliesst in eine gemeinsame Kasse, den Solidaritätsfonds.

Es ist eindrucksvoll, dass auch in armen Ländern bedeutende Beiträge zusammenkommen. So hat beispielsweise die katholische Kirche von Burkina Faso 223000 Dollar gesammelt. In Nigeria waren es sogar 387000 Dollar. Die Resultate der Kollekten illustrieren, wie die Kirchen zum Beispiel in Asien in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung gewonnen haben. So hat Korea 2012 am Weltmissionssonntag sage und schreibe 1,2 Millionen Dollar gesammelt und damit die Schweiz um das Doppelte übertroffen. Mehr noch als die gesammelten Geldbeträge zählt jedoch das Mitwirken und die Beteiligung so vieler Menschen. Auch wenn wir von einem geringen Gottesdienstbesuch wie in Europa ausgehen, beteiligen sich alljährlich mehr als 100 Millionen Katholikinnen und Katholiken am Weltmissionssonntag. Sie machen ihn zur grössten Solidaritätsaktion überhaupt.

Entschärftes Geber-Nehmer-Gefälle

Kürzlich konnten wir bei Missio in Freiburg François-Xavier Maroy, den Erzbischof von Bukova im Osten Kongos, willkommen heissen. Wir kamen auf die Kollekte vom Weltmissionssonntag zu sprechen und ich zeigte ihm die neuesten Zahlen. Schnell glitt sein Blick zu den Zahlen des Kongo und sein Gesicht hellte sich auf. Der arg gebeutelte Kongo konnte im letzten Jahr 177000 US$ an den Solidaritätsfonds beitragen. Natürlich bekommt die Kirche im Kongo ein Vielfaches davon wieder zurück.

Doch weil alle Lokalkirchen beitragen – also auch Geber sind – wird das leidige Geber-Empfänger- Gefälle entschärft. Das ist ein bedeutender Schritt zu mehr Geschwisterlichkeit in der Weltkirche.

Bitter nötiges Geld

Diesem Grundsatz entspricht auch das Prinzip, dass der Ortsbischof sein Einverständnis geben muss, damit ein Projekt beim Solidaritätsfonds überhaupt eingereicht werden kann. Es weiss doch beispielsweise ein Bischof in Indonesien besser, was in seiner Diözese am meisten Not tut, als irgendeine Zentrale in Europa.

Über 1100 arme Diözesen weltweit erhalten aus dem Solidaritätsfonds eine Basisfinanzierung: Geld, das die Bischöfe vor Ort entsprechend ihren Bedürfnissen verwenden können – und das sie bitter nötig haben. Dazu kommen vier bis fünf ausgewählte Projekte. Die Entscheidung, welche von den zahlreichen Projekteingaben verwirklicht werden sollen, treffen jeweils die 107 Nationaldirektorinnen und -direktoren an ihrer jährlichen Versammlung im Mai.

Mission nicht beendet

Auch wenn der bekannte Missiologie und Afrikakenner Al Imfeld die Mission für beendet erklärt, ist sie es für die einheimischen Christen in Lateinamerika, Afrika, Asien und Ozeanien noch längst nicht. Diese Kirchen wachsen weiterhin schnell und die Ansprüche an die pastoralen Mitarbeitenden sind unverändert hoch. Vielleicht auch deshalb, weil die Missionarinnen und Missionare aus dem Norden oft grosse und zu wenig angepasste Projekte und Werke hinterlassen haben?

Zum Glück unterstützen sich die Kirchen des Südens und Ostens gegenseitig. Ich habe in Kenia Missionarinnen und Missionare aus Indien, China, Korea, den Philippinen, aber auch aus Ecuador, Bolivien, Kolumbien und Mexiko getroffen. Das ist ein schönes Zeichen des Austausches.

Wir beten das Vaterunser

Das Gebet, das uns alle verbindet, ist das Vaterunser. Auch wenn wir im stillen Kämmerchen beten, beten wir das Vaterunser und nicht etwa ein Vatermein. Dieser Plural ist in unserem katholischen Glaubensverständnis grundgelegt. Unser Glaube bringt uns zueinander und verbindet uns. Er macht uns zu Geschwistern. Der Weltmissionssonntag im Oktober will uns das immer neu ins Bewusstsein rufen. Wie reich und vielfältig unsere Kirche ist, möchte Missio jeweils an einer Gastkirche aufzeigen. Dieses Mal ist es Malawi. Es steht aber für alle anderen Länder, mit denen wir uns am Weltmissionssonntag besonders verbunden fühlen.

Martin Brunner-Artho, Missio-Direktor

Es ist Nacht in San Damiano. Klara von Assisi schläft unruhig, wie eine Mutter, die weiss, dass eines ihrer Kinder nicht gesund ist. Auf einmal wird sie wach, in der Krankenstube nebenan herrscht grosse Not. Eine der Schwestern ist am Rande ihrer Kräfte angekommen, Atemnot und Erstickungsängste, eine Folge von Tuberkulose, peinigen sie. Klara ist alarmiert – durch den Heiligen Geist, wie die Quellen sagen. Sie kann nicht aufstehen – ihre eigene Krankheit bindet sie im Moment an ihre Liegestatt –, aber sie ist handlungsfähig. Rasch gibt sie der Schwester, die neben ihr liegt, Anweisungen: «Geh schnell nach unten in den Schlafraum, denn Schwester Andrea ist sehr krank! Erwärme ein Ei für sie und gib es ihr zu trinken … Dann bringe sie zu mir!» (aus dem Heiligsprechungsprozess der heiligen Klara). Die Situation geht glimpflich aus, im bitterarmen Kloster lässt sich die Medizin auftreiben, das Ei ist bald warm und wirkt lindernd. Es ist noch einmal gut gegangen, Schwester Andrea bleibt am Leben.

Ein anders Mal trifft es Schwester Amata. Wieder hören wir von einer nächtlichen Szene: Starke Schmerzen in der Hüfte quälen diese Frau, sie stöhnt und weint. Klara, diesmal mobil, nimmt sie beiseite, an den Ort, wo sie gewöhnlich betet. So können die andern Schwestern ungestört weiterschlafen. Es ist oft die Nacht, die Ängste gross werden lässt. Klara setzt dagegen Nähe, Gebet und Medizin. In diesem Fall wählt sie Wärme, sie legt ihr ganzes Gewicht auf die entzündete Stelle und der Schmerz verschwindet. Damit es so bleibt, überlässt sie der Schwester das Tuch, das sie selber um den Kopf trägt. Es ist noch warm und duftet nach ihr. Auch Schwester Amata kann aufatmen, der Schmerz kommt nie wieder.

Ignoriert Klara ihre Krankheit?

Krankheit ist eine harte Wirklichkeit in der jungen Gemeinschaft von San Damiano. Fast alle Schwestern haben in irgendeiner Weise mit Gebrechen zu kämpfen, auch Klara, wenngleich sie selbst kein Wort darüber verliert. Wir wissen aus ihren Schriften nichts von ihren Krankheitsphasen. Im Gegenteil, Klara rechnet sich zu den Gesunden. An ihre Freundin Agnes von Prag schreibt sie einmal: «Wir Gesunden, aber, wir fasten ….» (aus dem 3. Brief an Agnes von Prag) und führt im Folgenden aus, auf welche Weise.

Hat Klara die Wirklichkeit ihrer Krankheit ignoriert? Gehört sie zu denjenigen, die sich körperliche Schwächen nicht eingestehen oder sich selbst überschätzen? Oder zu denen, die nicht jammern wollen? Auf jeden Fall ist Klaras Selbstverständnis nicht das einer leidenden Frau. Sie hätte auch auf diese Weise ihren Weg in der Nachfolge Christi gestalten können. Viele Heilige – auch und gerade Frauen – haben das vor und nach ihr getan. Für Klara ist und bleibt ein anderes Leitbild wichtig: der arme Christus, der sich auf das Menschsein eingelassen hat. Dazu gehören Schmerz und Leid, aber ebenso heilende Nähe, liebevolle Sorge und kraftvoller Lebenswille. Deshalb kultiviert Klara ihr Leiden nicht – und nicht das ihrer Mitschwestern. Wo leibliche Not überhandnimmt, muss Abhilfe geschaffen werden: «… wenn es besser ist für die Seele» (aus dem Heiligsprechungsprozess der heiligen Klara), meint sie. Oft scheint Klara zu diesem Schluss zu kommen, denn viele Heilungsgeschichten sind uns aus San Damiano überliefert.

Leiden Troubadoure Gottes?

Auch von Franziskus wissen wir, dass er zeitlebens ein kranker Mann gewesen ist. Diesen fröhlichen Bruder, den Troubadour Gottes, der in vielen Darstellungen so leichtfüssig durchs Leben läuft, plagen seit seiner Kriegsgefangenschaft in jungen Jahren eine chronisch gewordene Malaria und ein schweres Augenleiden. Ebenso haben die Entbehrungen der langen Wanderungen und die karge Kost ihre Spuren hinterlassen. Erst gegen Ende seines Lebens kann Franziskus sich seinem Körper, dem «Bruder Esel», liebevoller zuwenden.

Doch Spuren der Sorge um erkrankte Brüder finden sich schon früh in den Regeln eines Franz von Assisi. Unter den Wanderbrüdern spielen Krankheit, Unfälle und Gebrechlichkeit eine nicht zu unterschätzende Rolle. Auch Franziskus setzt auf liebevolle – ausdrücklich mütterliche – Sorge und Geduld. Ihm gelingt es, nicht das Leid zu glorifizieren, sondern im Leiden einen Ausdruck der geliebten Armut zu finden.

Nicht stark zu sein bedeutet, eine menschliche Wirklichkeit zu akzeptieren, wie Christus sie in seiner Menschwerdung ebenfalls akzeptiert hat. In seinen Ermahnungen schreibt Franziskus deshalb: Nicht auf unser Wissen, nicht auf unseren Scharfsinn, nicht auf unsere Schönheit und nicht auf unsere Errungenschaften können wir stolz sein. Nein, nur «in unseren Schwachheiten (auch: Krankheiten) können wir uns rühmen». Sie nämlich erinnern und vergegenwärtigen uns die Nähe zum armen, menschlichen, schwachen Christus.

Leben und Tod verbinden

Die franziskanisch-klarianische Bewegung des Anfangs tragen also zwei Impulse: die vitale Begeisterung für das Leben – in der Nachfolge Christi – und die zerbrechliche Annahme des eigenen Todes – in der Nachfolge Christi. Franziskus kann buchstäblich ein Lied davonsingen. In der achten – eigens und etwas später komponierten Strophe – des Sonnengesanges heisst es: «Gelobt seist du, mein Herr, durch jene, die verzeihen um deiner Liebe willen und Krankheit ertragen und Drangsal. Selig jene, die solches ertragen in Frieden, denn von dir, Höchster, werden sie gekrönt.»

Und für die Schwestern von San Damiano fügt Franziskus in einem eigenen Lied dasselbe Bild an: «Jene, die von Krankheit beschwert sind, und die anderen, die sich für sie abmühen: ihr alle harret aus in Frieden! Denn um teuren Preiswerdet ihr verkaufen solche Müh’, da jede im Himmel gekrönt wird als Königin – mit der Jungfrau Maria.» (aus dem Trostlied für Klara und ihre Schwestern, auch Mahnlied genannt).

Stets Gottes Nähe suchen

Die Königinnen- und Königswürde jedes einzelnen Menschen gründet in Gottes Zuneigung. Und deshalb bleibt sie auch immer unversehrt, ob Menschen nun krank oder gesund sind. Auf Erden gibt es nur immer wieder eine Entscheidung zu fällen: Wann ist das Leid zu ertragen und wann ist ihm abzuhelfen? Solche Entscheidungen gelingen nur in enger Abstimmung mit dem geliebten Gott, würden Klara und Franziskus sagen. Wenn der Kontakt sehr nah ist, dann bleibt spürbar, was dem Leben dient: der Schmerz, weil durch ihn hindurch Gottes Nähe scheint – oder die Heilung, weil durch sie Gottes Liebe spürbar wird. Das Leben der beiden Heiligen aus Assisi verrät an dieser Stelle – leider oder Gott sei Dank? – kein Patentrezept. Aber immer wieder die Ermutigung: in jeder Lebenssituation Gottes Nähe zu suchen!

Martina Kreidler-Kos

Spitalseelsorge bedeutet heute neben dem konkreten Begleiten von kranken oder verunfallten Menschen und ihrer Angehörigen auch die Arbeit in der Grossinstitution Spital: Diese umfasst etwa Beratung und Seelsorge für Mitarbeitende und Teams, Aufbau von freiwilligen Besuchsdiensten (beispielsweise für Anderssprachige oder für die Sterbebegleitung), Fortbildungen für Pflegende und Ärzteschaft in Bezug auf ethische Fragen oder auf Gesprächsführung in Krisensituationen, Gottesdienste und Rituale für alle, kulturelle Angebote, Öffentlichkeitsarbeit und anderes mehr.

Die Spitalseelsorge ist in den letzten Jahrzehnten von stark auf das Individuum fokussierten Seelsorgebesuchen zur Mitarbeit im Gesundheitswesen geworden. Sie hat sich von der Krankenseelsorge zur Krankenhausseelsorge gewandelt (Michael Klessmann), wobei natürlich der kranke oder verunfallte Mensch sowie seine Angehörigen weiterhin im Zentrum stehen.

Zunehmende Professionalisierung

Da sich Spitalseelsorge in dem hoch spezialisierten und wissenschaftlich profilierten Umfeld der Medizin bewegt und bewähren muss, ist auch sie gefordert, sich zu professionalisieren. Zum einen geschieht dies in der Ausbildung der Spitalseelsorgenden, die nicht mehr nur ein Clinical Pastoral Training umfasst, sondern unter anderem auch systemische Therapie, lösungsorientierte Seelsorge, supervisorische Kompetenzen, Palliative Care sowie Notfallpsychologie.

Enorm zugenommen hat in den letzten 20 Jahren auch die wissenschaftliche Erfassung von Religiosität und Spiritualität: Nicht nur in gesellschaftlicher Hinsicht, sondern auch im Hinblick auf das Gesundheitswesen wird intensiv geforscht, auf welche Weise Menschen spirituell sind und wie ihre Spiritualität als Ressource fruchtbar gemacht werden kann. Hier entstehen neue seelsorgliche Herausforderungen und spannende Forschungsprojekte im Bereich Seelsorge: Wie ist beispielsweise Seelsorge möglich bei Menschen, die mit Deep Brain Stimulation behandelt werden? Oder wie ist Seelsorge und Kommunikation überhaupt mit Menschen möglich, die im sogenannten Koma – in veränderten Bewusstseinszuständen – sind? Zu Letzterem wird in Anwendung der prozessorientierten Psychologie von Arnold Mindell psychologisch-seelsorglich in München seit einiger Zeit intensiv geforscht (vgl. http://www.traumland-intensivstation.de).

Spiritual Care

In der Krankenhausseelsorge wird heute meist ein bewusst breites und offenes Verständnis von Spiritualität vertreten: Jeder Mensch ist grundsätzlich spirituell. Unterschiedlich ist jedoch die individuelle Ausprägung sowie die Nähe oder Distanz zu den institutionalisierten Religionen. Spiritualität durchdringt alle Lebensbereiche des Menschseins. Sie betrifft die Identität des Menschen, alles, was dem Menschen Sinn und Würde gibt, was ihm Anlass ist zu Hoffnung und Vertrauen. Spiritualität wird dabei wesentlich in Beziehung erlebt: in Beziehungen zu sich selbst, zu anderen und zum Transzendenten (Gott, höhere Macht, Geheimnis des Lebens).

Für das Wahrnehmen von spirituellen Ressourcen beziehungsweise Bedürfnissen der Menschen im Spital gibt es verschiedene Screening-Methoden. Eine davon nennt sich STIW (frz. STIV). Sie fragt, ob Menschen in folgenden Bereichen eine Ressource oder ein Bedürfnis – auch ein Manko, einen spirituellen Schmerz (spiritual pain) – haben:

  • S – Sinn: Gibt es etwas, wofür es sich – auch mit dieser Krankheit, Verletzung usw. – noch zu leben lohnt?
  • T – Transzendenz: Was hält jemanden, wenn sonst alles zusammenbricht? Gibt es etwas, was über die menschlichen (medizinischen) Möglichkeiten hinausweist?
  • I – Identität: Woran macht jemand seine Identität fest? Wird diese durch die Krankheit oder den Unfall verändert? Wo und wie kann eine erneuerte Identität gefunden werden?
  • W – Werte/Valeur: Welche Werte sind für jemanden zentral? Können sie auch im Spital gelebt beziehungsweise erlebt werden?

Interdisziplinär – interkulturell – interreligiös

Wenn solche Fragen nach einer allgemein menschlichen Spiritualität im Gesundheitswesen Einzug halten, wird die Zusammenarbeit der Seelsorge mit andern Disziplinen auf gute Weise ermöglicht: Pflege, Ärzteschaft, Sozialarbeit, Psychologie und Psychiatrie können in der Anamnese die spirituelle Dimension der von ihnen behandelten Menschen wahrnehmen. In Zusammenarbeit mit der Seelsorge können dann die spirituellen Ressourcen genutzt, die spirituellen Bedürfnisse erfüllt und die spirituellen Nöte gelindert werden. Offene Fragen bieten auch die Möglichkeit für interkulturelle und interreligiöse Seelsorgearbeit:

  • Diese ist gerade in Gesellschaften mit starker Migration dringend notwendig. Spitalseelsorgende müssen daher zum einen die kulturellen und religiösen Besonderheiten der Menschen kennen – dies zum Beispiel in Bezug auf den Umgang mit Tod, Trauer und Leichnam, aber auch in Bezug auf Geschlechterfragen.
  • Spitalseelsorgende müssen zweitens Handlungen und Riten anbieten können, die interkulturell und interreligiös möglichst verständlich und tragfähig sind und dazu je nach Situation mit sprachlichen Übersetzungsdiensten zusammenarbeiten.
  • Drittens gilt es, aktiv ein Netzwerk mit Bezugspersonen der verschiedenen Kulturen und Religionen aufzubauen. Diese sollen die Begebenheiten im Spital kennenlernen sowie beraten und unterstützen können.

Palliative Care

Zu den Erfahrungen, die von Menschen aller Kulturen und Religionen geteilt werden, gehört neben der Geburt auch das Sterben. Die Palliativmedizin ist auch von daher gesehen sowohl eine wichtige Triebfeder für die Frage nach einer sinnvollen Medizin überhaupt als auch eine treibende Kraft für die Krankenhausseelsorge: Bei Menschen mit unheilbarer, lebensbedrohlicher Krankheit ist die Frage nach dem Leben und Sterben offensichtlich. Hier wird das Verlangen nach Menschenwürde und menschenwürdigem Sterben deutlich. Und dazu gehört wesentlich die spirituelle Dimension, wie auch die WHO-Definition (1990/2002) festhält.

Angesichts des Todes fragen sich Menschen, was ihnen im Leben wirklich wichtig ist. Wie sie die noch verbleibende Zeit leben möchten, damit es eine erfüllte Zeit ist. Sie machen häufig die Erfahrung, dass Sterben lernen ganz wesentlich Leben lernen heisst.

Und Seelsorge kann und soll Menschen darin unterstützen.

Notfallseelsorge und -psychologie

Viele Care-Teams, die bei schweren Unfällen oder Katastrophen mit der Polizei und den Sanitätsdiensten zusammenarbeiten, wurden von Seelsorgenden initiiert und werden weiterhin stark von ihnen getragen. Damit die Betreuung der Angehörigen und Verunfallten im Spital gut weitergeht, werden zunehmend spitalinterne Care- Teams gebildet. Da Spitalseelsorgende eine breite Erfahrung mit der Betreuung von Verunfallten und ihren Angehörigen haben, sind sie häufig in diesen Care- Teams leitend tätig. Die Care- Teams leisten seelisch-psychische Erste Hilfe. Methodisch wird beispielsweise mit dem SAFERModell gearbeitet:

  • S – Situation stabilisieren;
  • A – Anerkennen des Erlebten und Gefühlten;
  • F – Fördern des Verstehens;
  • E – Erlangung von Handlungsfähigkeit;
  • R – Rückkehr in eine eigenständige, der Situation angepasste Verhaltensweise.

Ziel ist es, mit dem Trauma des Unfalls einen Umgang zu finden und nachfolgende Belastungsstörungen zu verhindern oder zumindest zu vermindern.

Mit den Menschen für die Menschen

Nebst den beschriebenen Herausforderungen ist es eine bleibende und ebenfalls herausfordernde Aufgabe der Seelsorge, im Gesundheitswesen dafür einzustehen, dass nicht monetäres Gewinnstreben, sondern der konkrete Mensch in seiner Würde und seiner Bedürftigkeit im Zentrum steht.

André Flury, Spitalseelsorger

Universitätsspital Inselspital Bern


Deep Brain Stimulation (DBS, tiefe Hirnstimulation) ist ein neurochirurgischer Eingriff ins Gehirn, der bei Bewegungsstörungen (besonders bei der Parkinsonkrankheit) erfolgreich angewandt wird. Im Hirn werden dabei Elektroden implantiert, welche dauerhaft elektrische Impulse in die Zielregion senden. Zum einen werden heute weitere Anwendungsgebiete erforscht (z.B. in Bezug auf psychiatrische Erkrankungen). Zum andern aber auch medizinisch-ethische Fragen gestellt: Wie weit wird durch den Eingriff die Persönlichkeit verändert? Gerade auch das moralische und religiöse Empfinden von operierten Personen scheint betroffen zu sein. Welche weiteren Nebenwirkungen (z.B. Depressionen, Manien) treten warum und in welchem Umfang auf?


Die WHO-Definition zu Palliative Care integriert die spirituelle Dimension:

«Palliative Care …

  • bietet Entlastung von Schmerzen und anderen belastenden Symptomen an;
  • betont das Leben und betrachtet Sterben als einen normalen Prozess;
  • hat die Absicht, den Eintritt des Todes weder zu beschleunigen noch ihn hinauszuzögern;
  • integriert psychologische und spirituelle Aspekte der Fürsorge für den Patienten;
  • bietet ein Unterstützungssystem an, das es dem Patienten ermöglicht, sein Leben so aktiv wie möglich bis zum Tode zu leben;
  • bietet ein Unterstützungssystem für Familien an, um die Belastungen während der Krankheit des Patienten und der eigenen Trauer zu bewältigen;
  • nutzt einen Teamansatz, um den Bedürfnissen des Patienten und seiner Familie zu begegnen, was die Trauerberatung – soweit erforderlich – einschliesst;
  • will die Lebensqualität verbessern und kann den Verlauf der Krankheit positiv beeinflussen;
  • wird bereits früh im Verlauf der Erkrankung angewandt, in Verbindung mit anderen Therapieformen, die darauf abzielen, das Leben zu verlängern …»

Kurznachrichten

jumi – Peace

Dienstag, 31. Mai 2022

Wir glauben an Frieden! Das ist unsere Hoffnung und dafür setzen wir uns ein!

jumi – zäme unterwägs

Freitag, 6. Mai 2022

In diesem jumi erzählen Pfadi, Jubla und die Minis, was Kinder bei ihnen machen können.

Aus dem Kloster Dornach

Montag, 2. Mai 2022

Im ehemaligen Kapuzinerkloster ist immer was los …

Käfer und Wurm

Dienstag, 12. April 2022

Dieses jumi erzählt von Käfern, Würmen und anderen Kleinsttieren.

jumi – Kraft

Donnerstag, 20. Januar 2022

Dieses jumi schaut zusammen mit der Fastenaktion nach Laos, einem faszinierenden Land in Asien.